Eine Vertreterin des Entwicklungsministeriums in Berlin gab bekannt, dass sämtliche Zahlungen an die Regierung von Niger bereits letzte Woche eingestellt wurden. Zusätzlich wurde beschlossen, die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit auszusetzen. Auch wird die Bundeswehr ihre Präsenz in der Region überdenken und verschiedene Optionen in Betracht ziehen, wie Minister Pistorius bekanntgab.
Das Auswärtige Amt wies darauf hin, dass die EU bereits die laufenden Maßnahmen der Budgethilfe ausgesetzt hat. „Auch die Bundesregierung hat vorläufig sämtliche direkten Unterstützungszahlungen an die Zentralregierung Nigers ausgesetzt.“Und darüber hinaus stellen wir derzeit unser gesamtes bilaterales Engagement in Niger auf den Prüfstand und werden, im Hinblick auf die Entwicklungen der nächsten Zeit, falls nötig, auch weitere Maßnahmen treffen“, erklärte ein Sprecher.
Seit 2020 wurden 160 Millionen Euro bereitgestellt
Die Bundesrepublik hat bisher in dem westafrikanischen Land, insbesondere in den Bereichen Ernährungssicherheit, landwirtschaftliche Bewässerung, Mutter-Kind-Gesundheit und Aufbau effizienter lokaler Verwaltungsstrukturen, Engagement gezeigt.
Diese Projekte sind nun ebenso gestoppt wie Zahlungen, die direkt an die Regierung von Niger flossen. Der Umfang der deutschen Hilfen für bilaterale Entwicklungsprojekte mit Niger belief sich den Angaben zufolge seit 2020 auf 160 Millionen Euro.
Am vergangenen Mittwoch hatten Offiziere in Niger den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum festgesetzt und seine Entmachtung erklärt. Am Freitag erklärte sich der Chef der Präsidentengarde, General Tiani, zum neuen Machthaber in Niger.
Die Sprecherin des Entwicklungsministeriums betonte, dass die Putschisten die Macht an den demokratisch gewählten Präsidenten zurückgeben müssen. Zudem informierte sie, dass die Bundesregierung in engem Austausch mit Partnern die Entwicklungen in Niger genau beobachtet und bewertet.
Von deutscher Seite sind noch keine Evakuierungen geplant
Der Staatsstreich in jenem Land, in dem etwa hundert Bundeswehrsoldaten ebenfalls stationiert sind, wurde sowohl international als auch in Afrika heftig verurteilt. Einige afrikanische Staaten drohten nach dem Staatsstreich damit, die demokratische Ordnung notfalls gewaltsam wiederherzustellen.Trotzdem plant die Bundesregierung derzeit keine Evakuierung von Deutschen. Laut dem Außenministerium handelt es sich um eine hohe zweistellige Zahl von Bundesbürgern, die nicht bei der Botschaft oder wegen des laufenden Bundeswehreinsatzes vor Ort sind.
Frankreich und Italien hingegen bereiten Evakuierungen vor. Paris will Franzosen und Europäer ausfliegen. Das französische Außenministerium verwies auf die jüngsten Vorkommnisse gegen die französische Botschaft in Niamey. Zudem können „unsere Landsleute“ das Land wegen der Schließung des Luftraums nicht auf eigene Faust verlassen. Auch Italien bietet seinen Staatsbürgern an, sie per Sonderflug auszufliegen. Italiens Botschaft im Niger bleibt jedoch geöffnet und einsatzbereit. Laut dem Außenminister Antonio Tajani befinden sich knapp 100 Italiener im Niger.
Erklärungen des Bundesverteidigungs- und des Außenministeriums
Verteidigungsminister Pistorius betonte bei einem Besuch des Cyber- und Informationsbereichs der Bundeswehr in Rheinbach, Nordrhein-Westfalen, dass es „bislang keinen Grund zur Annahme“ gebe, dass die rund hundert deutschen Soldatinnen und Soldaten in Niger gefährdet seien.
Die Bundeswehr prüft nach dem Putsch laut Pistorius „verschiedene Optionen“ hinsichtlich ihrer Präsenz in der Region. Pistorius erklärte, dass derzeit alle operativen Tätigkeiten am Lufttransportstützpunkt in der Hauptstadt Niamey zwangsläufig eingestellt seien, da die Putschisten eine Sperrung der Grenzen und des Luftraums bis zum 4. August angeordnet hätten.
„Darüber hinaus hätten die Putschisten zugesichert, dass sie sich mit Blick auf den Abzug aus Mali an alle internationalen Absprachen und Vereinbarungen halten wollen“, sagte Pistorius. Der Minister erklärte, dass man prüfen müsse, ob dies tatsächlich der Fall sei. Deutschland suche jedenfalls auch „alternative Wege, um unser Kontingent aus Mali herauszubekommen. Das läuft alles parallel, da wir noch nicht wissen, wie es in Niger weitergeht.“
Die Situation in dem bitterarmen Land ist laut dem Außenministerium weiterhin im Fluss. Es besteht immer noch die Möglichkeit, dass der Putsch scheitert. Die Afrikanische Union, die Vereinten Nationen und die EU haben die Putschisten mehrfach aufgefordert, den festgesetzten demokratischen Präsidenten Bazoum freizulassen und die demokratische Ordnung im Land wiederherzustellen.