Aiwangers Flugblatt-Affäre: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ehemaligen Lehrer

Ein pensionierter Studienrat aus Bayern, der während seiner Schulzeit eine diffamierende Schrift gegen den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger verfasst hatte, steht nun selbst im Fokus von Justiz- und Disziplinarbehörden. Das bayerische Kultusministerium gab bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Regensburg eine strafrechtliche Untersuchung gegen diesen Mann eingeleitet hat.

Die Affäre kam Ende August ins Rollen, als ein Flugblatt in die Öffentlichkeit gelangte, in dem der Holocaust auf absurde und beleidigende Weise verharmlost wurde. Anfangs wurde es Aiwanger zugeschrieben, der zur Zeit der Veröffentlichung ein Gymnasialschüler war. Später gestand jedoch sein Bruder, den fragwürdigen Text verfasst zu haben. Trotzdem geriet Aiwanger in politischen Druck.

Es wird berichtet, dass der ehemalige Lehrer eine entscheidende Rolle bei der Enthüllung der Affäre spielte. Er soll das Flugblatt Ende der 80er Jahre in seinen Besitz gebracht und Jahrzehnte später den Medien angeboten haben. Es wird auch behauptet, dass Aiwanger seit Jahren von der Existenz des Flugblatts wusste. Der Lehrer soll gegenüber einem ehemaligen Schüler geäußert haben: „Es wird Zeit, dass wir diese braune Socke jetzt stürzen“. Er verlangte von dem Schüler angeblich eine schriftliche Aussage, in der dieser bezeugen sollte, dass Hubert Aiwanger der Urheber des Flugblatts war, was dieser offenbar ablehnte.

Einige Medien lehnten es jedoch ab, auf das Angebot des Informanten einzugehen. Die „Regensburger Zeitung“ begründete dies damit, dass Aiwanger zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch minderjährig war und das Flugblatt allein, so abscheulich es auch sei, aus ihrer Sicht kein eindeutiger Beleg für rechtsextreme Gesinnung des Verfassers sei. Der „Spiegel“ erhielt ebenfalls das Material, führte jedoch weitere Recherchen durch, während die „Süddeutsche Zeitung“ bereits den Inhalt des Flugblatts veröffentlichte und mit Aiwangers umstrittener Rede in Verbindung brachte, in der er sagte, dass man die „Demokratie zurückholen“ müsse.

Die Staatsanwaltschaft Regensburg bestätigte Ermittlungen wegen des Verdachts auf die Verletzung von Dienstgeheimnissen und Privatgeheimnissen. Es wird untersucht, ob der Beschuldigte durch das unbefugte Offenbaren geschützter Geheimnisse strafrechtlich belangt werden kann. Die Ermittlungen wurden bereits am 1. September aufgrund von Strafanzeigen und Medienberichten eingeleitet. Der pensionierte Studienrat äußerte sich bisher nicht zu den Vorwürfen.

Es bleibt vorerst unklar, ob parallel dazu ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird. In Bayern ist die Landesanwaltschaft zuständig für Disziplinarverfahren von Ruhestandsbeamten. Der Dienstherr ist verpflichtet, ein solches Verfahren einzuleiten, wenn ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein Dienstvergehen vorliegen.

Das Kultusministerium erklärte, dass eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht grundsätzlich als Dienstpflichtverletzung betrachtet wird und Sanktionen nach sich ziehen kann, wenn sie schuldhaft begangen wurde. Die Konsequenzen hängen stark von den Umständen des jeweiligen Falls ab. Das Ministerium gab an, Informationen über etwaige Verfahren im Zusammenhang mit dem Lehrer aus Datenschutz- und Persönlichkeitsschutzgründen zunächst zurückgehalten zu haben, um die Ermittlungsarbeit der zuständigen Stellen nicht zu gefährden.