/

Konflikt und Kontroverse: Die Debatte um Exmatrikulation an der Freien Universität Berlin

Ein Angriff mit weitreichenden Folgen

Am vergangenen Wochenende wurde der jüdische Student Lahav Shapira der Freien Universität Berlin Opfer eines gewalttätigen Übergriffs, der ihn mit Knochenbrüchen im Gesicht ins Krankenhaus brachte. Der mutmaßliche Angreifer, ein 23-jähriger Kommilitone mit propalästinensischen Ansichten, soll Shapira in Berlin-Mitte geschlagen und getreten haben, was einen Sturm der Entrüstung und eine Debatte über die Konsequenzen solcher Taten an deutschen Hochschulen auslöste.

Die Reaktion der Politik und der Universitätsleitung

Während die Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra, SPD, eine Exmatrikulation des Tatverdächtigen skeptisch betrachtet und hervorhebt, dass eine solche Maßnahme ein hohes Grundrecht berühren würde, fordert der Zentralrat der Juden entschiedene Maßnahmen. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats, betonte, dass jemand, der aus antisemitischen Motiven handelt, keinen Platz an einer deutschen Universität haben sollte. Die Universitätsleitung der Freien Universität Berlin, repräsentiert durch Präsident Günter Matthias Ziegler, steht jedoch vor einem rechtlichen Dilemma, da das Berliner Hochschulgesetz eine Exmatrikulation für solche Fälle nicht vorsieht.

Juristische und ethische Komplexität

Die Abschaffung des Ordnungsrechts im Berliner Hochschulgesetz von 2021 nimmt den Universitäten die Möglichkeit, Exmatrikulationen als Sanktion für schwere Vergehen vorzunehmen. Dies hat zu einer beschränkten Handlungsfähigkeit der Universitätsleitung geführt, die nun lediglich ein dreimonatiges Hausverbot als direkte Maßnahme ergreifen kann. Die CDU, vertreten durch den wissenschaftspolitischen Sprecher Adrian Grasse, plädiert für eine Änderung des Hochschulgesetzes, um die Handlungsspielräume der Hochschulleitungen zu erweitern und Exmatrikulationen bei Ordnungsverstößen wieder zu ermöglichen.

Zwischen Freiheit und Sicherheit

Die Debatte um die Exmatrikulation des Tatverdächtigen wirft grundlegende Fragen über die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit an Hochschulen auf. Einerseits betont Wissenschaftssenatorin Czyborra die Bedeutung der Hochschulen als offene Räume der Kommunikation und des Austauschs, warnt jedoch vor der Schaffung von „Gated Communities“. Andererseits verdeutlicht der Angriff auf Shapira die Notwendigkeit, einen sicheren Raum für Studierende zu gewährleisten und klar gegen Antisemitismus und Gewalt zu positionieren.

Forderungen nach Konsequenzen und die Rolle der Hochschulgesetzgebung

Die Forderungen nach einer klaren und entschiedenen Reaktion auf antisemitische Gewalttaten sind ein dringender Appell an die Verantwortung der Hochschulen und der Politik. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger mahnte ebenfalls konsequentes Einschreiten an und betonte, dass Hochschulen keine rechtsfreien Räume seien und für Antisemitismus kein Platz gelassen werden dürfe. Die Diskussion um die Wiedereinführung des Ordnungsrechts an Hochschulen und die Anpassung des Hochschulgesetzes stellt einen zentralen Aspekt in der Bewältigung solcher Konflikte dar.

Die Debatte um die Exmatrikulation des Tatverdächtigen und die Forderungen nach einer Änderung des Hochschulgesetzes sind beispielhaft für die Herausforderungen, vor denen deutsche Hochschulen im Umgang mit Gewalt, Antisemitismus und der Sicherung eines offenen, aber sicheren akademischen Umfelds stehen. Während die rechtlichen Rahmenbedingungen überdacht und angepasst werden müssen, ist es ebenso wichtig, dass Hochschulen ihre Rolle als Orte der Bildung, des Austauschs und der Toleranz wahren und gleichzeitig entschlossen gegen Hass und Gewalt vorgehen.