In den letzten Monaten hat sich das Gesicht der Gastronomie in Deutschland spürbar verändert. Ein starker Preisanstieg, ausgelöst durch die Rückkehr zum regulären Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent für Speisen, zwingt sowohl Gastronomen als auch Gäste, ihre Gewohnheiten anzupassen. Diese Entwicklung hinterlässt tiefe Spuren in der Branche, wie sich nun in Umsatzzahlen und Kundenverhalten deutlich zeigt.
Steigende Kosten treffen auf verändertes Konsumverhalten
Mit Beginn des Jahres stiegen die Preise für Speisen in der Gastronomie merklich an, eine direkte Folge der Anpassung der Mehrwertsteuer, die während der Corona-Krise temporär gesenkt worden war. Diese Erhöhung um etwa 50 Cent bis zwei Euro pro Gericht wurde notwendig, da neben der Steueranpassung auch die Kosten für Energie, Personal und Zutaten gestiegen sind. Brauereien und Großhändler haben ebenfalls ihre Preise erhöht, was den Druck auf die Gastronomiebetriebe weiter verstärkt.
Die Reaktion der Gäste auf diese Preisanpassungen ist eindeutig: Der Konsum geht zurück, die Besuchsfrequenz sinkt. „Im Moment sind die Umsätze noch etwas hinter dem Vorjahr und auch noch hinter dem Vergleichsjahr 2019“, erklärt Oliver Kasties, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DeHoGa) in Hessen. Diese Entwicklung deutet darauf hin, dass das Essengehen für viele zu einem Luxus wird, auf den eher verzichtet wird.
Die stille Krise der älteren Generation
Besonders betroffen von den Preissteigerungen sind Rentner und Geringverdiener. „Ältere Menschen, die auch zu einer wichtigen Kundengruppe mittags zählen, kommen jetzt seltener oder kaum mehr“, beobachtet Reinhard Fuchs, ein Restaurantbetreiber aus Stuttgart. Die gestiegenen Preise machen es dieser Gruppe zunehmend unmöglich, die Gastronomie zu nutzen, was nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein soziales Problem darstellt.
Kreative Sparmaßnahmen von Gästen
In einem Versuch, die gestiegenen Kosten zu umgehen, entwickeln Gäste kreative Strategien: Paare teilen sich Hauptgerichte, und Familien bestellen weniger Portionen, als Personen am Tisch sitzen. „Den Espresso nach dem Mittagessen bestellen nur noch wenige“, erläutert Fuchs, was den Druck auf die Umsätze zusätzlich erhöht. Auch bei Getränken wird gespart, ein Trend, der durch Aussagen von Eva Schubert, einer Kellnerin aus München, bestätigt wird: „Ein drittes Bier bestellt kaum einer.“
Reaktionen der Gastronomen: Sparen an allen Ecken
Die Gastronomiebetriebe selbst sehen sich gezwungen, auf die Sparbremse zu treten. Vom Ausstellen der Heizungen bis zur Verwendung günstigerer Handseifen, die Betriebe suchen nach Wegen, ihre Ausgaben zu minimieren. Sogar die traditionelle Gastfreundschaft leidet unter dem Kostendruck: „Wir schenken auch keinen Schnaps mehr umsonst aus“, verrät Schubert. Solche Gesten der Wertschätzung gegenüber Stammgästen fallen den Sparmaßnahmen zum Opfer.
Eine ungewisse Zukunft
Die aktuelle Entwicklung in der Gastronomie zeichnet ein Bild von einer Branche unter Druck. Während einige der Anpassungen temporär sein könnten, weisen andere auf eine dauerhafte Veränderung des Gastgewerbes hin. Es stellt sich die Frage, wie sich die Beziehung zwischen Gastronomie und Gästen langfristig entwickeln wird und welche Maßnahmen ergriffen werden können, um sowohl die Kultur des Essengehens als auch die Wirtschaftlichkeit der Betriebe zu erhalten.