/

Krise im deutschen Handwerk: 80.000 Stellen gefährdet

krise-im-deutschen-handwerk-80.000-stellen-gefährdet

Zehntausende Arbeitsplätze vor dem Aus

Das deutsche Handwerk steht vor einer schweren Krise. Nach Angaben des Zentralverbandes des deutschen Handwerks könnte die Branche dieses Jahr mit einem erheblichen Umsatzrückgang und dem Verlust von zehntausenden Arbeitsplätzen konfrontiert sein. „Von einer konjunkturellen Entspannung kann keine Rede sein“, erklärte Holger Schwannecke, der Generalsekretär des Verbands, kürzlich in Erfurt bei einem Treffen mit Vertretern der 53 deutschen Handwerkskammern. Die Prognose sieht düster aus: Für 2024 wird nur ein nominelles Umsatzplus von etwa einem Prozent erwartet, während die realen Umsätze der Betriebe erneut sinken dürften. Insgesamt könnten bis zu 80.000 Arbeitsplätze gefährdet sein, was einem erheblichen Anteil der derzeit etwa 5,7 Millionen im Handwerk Beschäftigten entspricht.

Ungleiche Auswirkungen innerhalb der Branchen

Die Krise betrifft nicht alle Bereiche des Handwerks gleichmäßig. Während konsumnahe Sektoren wie Friseure und Bäckereien von gestiegenen Einkommen der Kunden profitieren, steht das Bauhandwerk unter erheblichem Druck. Zunehmend sind auch industrienahen Handwerksbereiche von Rückgängen betroffen. Diese Entwicklung könnte langfristig die Struktur des gesamten Gewerbes verändern.

Mehr zum Thema: Azubi-Mangel in Deutschland verschärft sich weiter

Bürokratische Hürden als Innovationsbremse

Ein wesentlicher Faktor, der die Krise im Handwerk verschärft, ist die hohe Bürokratie in Deutschland. Eine Studie der Universität Köln hat ergeben, dass ein Viertel der Meisterabsolventen aus Angst vor bürokratischen Anforderungen wie Formularen und Dokumentationen den Schritt in die Selbstständigkeit scheut. „Sie haben Angst vor Formularen“, kommentierte Schwannecke diese Entwicklung. Dies behindert nicht nur die Gründung neuer Betriebe, sondern auch das Wachstum bestehender Unternehmen.

Kultur des Misstrauens schadet der Selbstständigkeit

Thomas Malcherek, Geschäftsführer der Handwerkskammer Erfurt, beklagte zudem eine tief verwurzelte Misstrauenskultur in Deutschland, die der Selbstständigkeit und somit der gesamten Branche schade. „Wir haben leider eine Misstrauenskultur in Deutschland“, so Malcherek. Der Verband fordert deshalb einen Abbau der Bürokratie, mehr politische Verlässlichkeit und eine Bildungswende, die der Berufsausbildung den gleichen Stellenwert einräumt wie der akademischen Ausbildung.

Forderung nach politischer Unterstützung und Reformen

Angesichts der prekären Lage des Handwerks bekräftigt der Zentralverband seine Forderungen nach umfassenden Reformen. Es geht dabei nicht nur um Bürokratieabbau, sondern auch um eine Stärkung der Berufsausbildung und eine bessere Anerkennung und Unterstützung für Selbstständige. Diese Maßnahmen sind entscheidend, um das Handwerk als fundamentales Rückgrat der deutschen Wirtschaft zu stärken und zukunftsfähig zu machen.

Ausblick und Herausforderungen

Die deutsche Handwerksbranche steht vor bedeutenden Herausforderungen. Sollten die geforderten Veränderungen ausbleiben, könnte dies langfristige negative Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in Deutschland haben. Die derzeitige Krise bietet jedoch auch die Chance, überfällige Reformen anzugehen und eine moderne, flexible und weniger bürokratische Handwerkslandschaft zu schaffen, die in der Lage ist, sich den wechselnden Anforderungen eines globalisierten Marktes anzupassen.