Bänke bleiben leer
Nach über zweieinhalb Jahren Krieg in der Ukraine ist der Präsident des angegriffenen Landes, Wolodymyr Selenskyj, nach Deutschland gekommen, um im Bundestag zu sprechen. Doch nicht jeder im Bundestag war mit dieser Rede einverstanden. Die Alternative für Deutschland (AfD) und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) verließen demonstrativ den Plenarsaal.
„Wir lehnen es ab, einen Redner im Tarnanzug anzuhören“,
So begründeten die beiden AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla die Aktion in einem Pressestatement.
Selenskyjs Amtszeit sei abgelaufen, und er sei nur noch als „Kriegs- und Bettelpräsident“ im Amt, so die AfD-Fraktionsvorsitzenden. „Die Ukraine braucht jetzt aber keinen Kriegspräsidenten, sie braucht einen verhandlungsbereiten Friedenspräsidenten. Nur so hört das Sterben in der Ukraine auf.“
Alice Weidel, AfD
Vier AfD-Abgeordnete bleiben sitzen
Der Fraktionsvorstand der AfD hatte am Montag beschlossen, der Rede des ukrainischen Präsidenten fernzubleiben. Sie forderten, die Bundesregierung solle Selenskyj keine Bühne für „Wiederaufbaubettelei“ geben. „Deutschland zahlt schon jetzt mehr als genug für Militärhilfe, EU-Hilfe und Bürgergeld für Ukrainer. Nun soll auch noch deutsches Steuergeld für Blackrock und andere Investoren verschleudert werden“, erklärten Weidel und Chrupalla weiter. „Genug ist genug. Die Bundesregierung muss sich mit Diplomatie für Frieden in der Ukraine einsetzen.“ Entgegen dem Fraktionsbeschluss blieben jedoch die AfD-Abgeordneten Norbert Kleinwächter, Albrecht Glaser, Joachim Wundrak und Rainer Kraft während der Rede auf ihren Plätzen sitzen.
BSW: Selenskyj befördert „hochgefährliche Eskalationsspirale“
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) veröffentlichte eine Stellungnahme, in der es hieß, die Regierung Selenskyj setze derzeit auf eine „offene Eskalation des Krieges“ unter Beteiligung der NATO. „Präsident Selenskyj trägt leider aktuell dazu bei, eine hochgefährliche Eskalationsspirale zu befördern und nimmt dabei das Risiko eines atomaren Konflikts mit verheerenden Konsequenzen für ganz Europa in Kauf“, so das BSW. Aus diesem Grund solle der ukrainische Präsident nicht mit einer Sonderveranstaltung im Bundestag geehrt werden. „Das können wir als BSW nicht unterstützen.“ Stattdessen solle die Bundesregierung ihren Einfluss auf die Ukraine geltend machen, um Friedensgespräche mit Russland zu erwirken.
Sahra Wagenknecht, BSW
Friedrich Merz (CDU): „Bin einigermaßen entsetzt“
In einer ersten Reaktion verurteilte CDU-Parteichef Friedrich Merz die Aktion von AfD und BSW scharf. „Dass man als Abgeordneter im Deutschen Bundestag dem Staatspräsidenten dieses vom Krieg bedrohten Landes den Respekt versagt, ist ein wirklicher Tiefpunkt in der Kultur unseres Parlamentes“, sagte er kurz nach der Veranstaltung. Merz betonte, der Schritt sei in „höchstem Maße befremdlich“. Während der Kreml sich unwillig zeige, über Frieden in der Ukraine zu verhandeln, würden von BSW und AfD immer noch gegenteilige Behauptungen aufgestellt.
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Rede im Bundestag: Selenskyj
Diese Reaktionen verdeutlichen die tiefen politischen Gräben im Bundestag hinsichtlich des Ukraine-Krieges und der Rolle Deutschlands in diesem Konflikt. Während die eine Seite auf Solidarität und Unterstützung für die Ukraine setzt, fordert die andere Seite ein Umdenken und setzt auf diplomatische Lösungsansätze. Der Boykott der Rede durch AfD und BSW hat die Diskussion über Deutschlands Haltung im Ukraine-Konflikt erneut entfacht und die bereits bestehenden Kontroversen weiter angeheizt.