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Traditionskonzern Deutz steigt ins Rüstungsgeschäft ein

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Kölner Motoren fürs Militär

Seit mehr als 150 Jahren bauen Deutz und seine Vorgängerunternehmen Motoren, die in einer Vielzahl von Fahrzeugen zum Einsatz kommen, von Traktoren über Lokomotiven bis hin zu Panzern. Mit der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Entwicklung sieht das Kölner Traditionsunternehmen nun eine Möglichkeit, in ein altes Geschäftsfeld zurückzukehren: die Rüstungsbranche.

Zeitenwende und die wirtschaftlichen Chancen

Die „Zeitenwende“, ein Begriff, den Bundeskanzler Olaf Scholz nach der russischen Invasion in die Ukraine geprägt hat, zeigt auch mehr als zwei Jahre später deutliche Auswirkungen an den Finanzmärkten. Am Morgen nach der Ankündigung des Unternehmenschefs Sebastian Schulte, dass Deutz in die Rüstungsbranche einsteigen wolle, stiegen die Aktien des Motorenherstellers zeitweise um 18 Prozent.

Schulte hatte in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ betont, dass Deutz künftig Motoren für militärische Zwecke, darunter Radpanzer, Mannschaftstransporter und Versorgungsfahrzeuge, anbieten möchte. Auch Batteriespeicher für den militärischen Einsatz, wie etwa zur Stromversorgung von Lazaretten, könnten künftig von Deutz geliefert werden. „Das ist sicherlich ein attraktives Feld, das bringt die Zeitenwende mit sich“, sagte Schulte.

Quelle: Google Finanzen

Steigende Militärausgaben weltweit

Die Reaktion der Börse spiegelt die gestiegene weltweite Nachfrage nach militärischen Gütern wider. Laut dem Friedensforschungsinstitut SIPRI erreichten die globalen Militärausgaben 2023 schätzungsweise 2,3 Billionen Euro, den höchsten jemals erfassten Wert. Dieser Trend wird sich voraussichtlich fortsetzen, da viele Länder, einschließlich Deutschland, ihre Verteidigungsbudgets erheblich aufgestockt haben. Nach der Invasion Russlands in der Ukraine hat die deutsche Bundesregierung ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Aufrüstung der Bundeswehr eingerichtet.

Diese erhöhten Ausgaben kommen nicht nur etablierten Rüstungsunternehmen zugute. Der deutsche Branchenführer Rheinmetall verzeichnete in den letzten Quartalen Rekordumsätze und -gewinne, wobei sich der Aktienkurs seit Beginn des Ukraine-Kriegs etwa verfünffacht hat. Auch andere Unternehmen, die bisher nicht im Rüstungssektor tätig waren, sehen neue Geschäftsmöglichkeiten. So hat Lufthansa Technik kürzlich angekündigt, seine Dienstleistungen auf Kampfflugzeuge der Bundeswehr und anderer Luftwaffen auszuweiten.

Rückkehr zu den Wurzeln

Für Deutz bedeutet der Einstieg in die Rüstungsbranche eine Rückkehr zu einem historischen Geschäftsfeld. Im Zweiten Weltkrieg war die Produktion bei Deutz, wie in vielen deutschen Industriebetrieben, größtenteils auf militärische Motoren und Fahrzeuge umgestellt worden. Nach dem Krieg belieferte Magirus-Deutz, damals zeitweise größter Nutzfahrzeughersteller der jungen Bundesrepublik, auch die Bundeswehr mit militärischen Lkw. Dieser Unternehmenszweig ging später in den Iveco-Konzern über, der bis heute militärische Nutzfahrzeuge produziert.

Erweiterung des Geschäftsbereichs Notstromaggregate

Neben dem Rüstungsgeschäft hat Schulte ein weiteres Wachstumsfeld im Visier: Notstromaggregate. Bereits jetzt liefert Deutz Motoren für solche Systeme, die in Krankenhäusern oder Kühlanlagen unverzichtbar sind. Künftig will das Unternehmen selbst komplette Notstromanlagen anbieten. Schulte sieht hier großes Wachstumspotenzial: „Das ist kurioserweise eine Folge der Energiewende, weil es gerade in Ländern wie den USA, wo die Stromnetze in einem desolaten Zustand sind, teilweise mehrfach im Monat in bestimmten Regionen Stromausfälle gibt.“

Der Einstieg von Deutz in die Rüstungsbranche markiert einen bedeutenden Schritt für das Kölner Traditionsunternehmen. Die Zeitenwende und die damit verbundenen steigenden Militärausgaben weltweit eröffnen neue Geschäftsfelder und Möglichkeiten. Durch die Rückkehr zu einem historischen Geschäftszweig und die Erweiterung des Angebots im Bereich Notstromaggregate positioniert sich Deutz für zukünftiges Wachstum in einem sich wandelnden Marktumfeld.