Der traditionsreiche Batteriekonzern Varta, bekannt für seine lange Geschichte und innovative Produkte, hat in den letzten Monaten schwere Rückschläge hinnehmen müssen. Nun wurde eine Sanierungslösung gefunden, die den Fortbestand des Unternehmens sichern soll. Doch dieser Rettungsplan hat gravierende Konsequenzen – insbesondere für die Aktionäre des Unternehmens.
Der Abstieg eines Traditionsunternehmens
Varta, dessen Wurzeln bis ins Jahr 1887 zurückreichen, galt einst als Synonym für Qualität und Zuverlässigkeit im Bereich der Batterietechnologie. Das Unternehmen erreichte in der Vergangenheit immer wieder Meilensteine, wie etwa die Nutzung seiner Batterien bei der berühmten Polar-Expedition von Fridtjof Nansen. Doch die glorreichen Zeiten sind vorbei. Ein Hackerangriff auf die Produktion, das Fehlen wichtiger Jahreszahlen und das Abrutschen aus der dritten Börsenliga führten das Unternehmen in eine Krise, die viele nicht mehr für überwindbar hielten.
Der Rettungsplan: Ein bitterer Kompromiss
Am Wochenende wurde bekanntgegeben, dass Varta eine Einigung mit Finanzgläubigern und Investoren erzielt hat. Der Rettungsplan sieht vor, die Verbindlichkeiten von fast einer halben Milliarde Euro auf 200 Millionen Euro zu reduzieren. Dies soll durch einen Schuldenschnitt und die Verlängerung von Krediten erreicht werden. Das Grundkapital der Varta AG wird dabei auf null Euro herabgesetzt, was zur Folge hat, dass die derzeitigen Aktionäre ohne Kompensation ausscheiden und der Konzern seine Börsennotierung verliert.
Der Einstieg von Porsche, neben einer Gesellschaft des bisherigen Mehrheitseigners Michael Tojner, soll das Unternehmen finanziell stabilisieren. Beide Investoren steuern jeweils 30 Millionen Euro bei, während die Gläubiger weitere 60 Millionen Euro in Form von Darlehen bereitstellen. Doch dieser Schritt kommt einem bitteren Kompromiss gleich: Die Aktionäre, insbesondere Kleinanleger, werden faktisch enteignet.
Die Enteignung der Aktionäre: Eine umstrittene Maßnahme
Die Enteignung der Aktionäre ist gemäß dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) zwar legal, doch für die Betroffenen ist sie ein harter Schlag. Vertreter von Anlegern haben bereits Widerstand angekündigt und kritisieren, dass es Unternehmen in Deutschland zu einfach gemacht werde, ihre Anteilseigner zu verdrängen. Ein Sprecher der Aktionärsvertretung kommentierte: „Es ist unverständlich, wie ein Unternehmen seine Aktionäre so leichtfertig übergehen kann. Wir werden alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um diese Entscheidung anzufechten.“
Die Gründe für den Niedergang: Managementfehler und Abhängigkeiten
Die Gründe für die dramatische Entwicklung bei Varta sind vielfältig. Einer der Hauptgründe war die starke Abhängigkeit von einem Großkunden – dem US-Technologiekonzern Apple. Als Apple begann, Batterien von einem weiteren Zulieferer zu beziehen, geriet Varta unter erheblichen Druck. Der damalige Vorstandsvorsitzende Herbert Schein musste die Umsatz- und Gewinnziele nach unten korrigieren und trat schließlich zurück.
Ein weiterer Faktor war die Nischenstrategie des Unternehmens im Bereich der E-Auto-Batterien. Diese Batterien, die hauptsächlich für Hybridfahrzeuge konzipiert sind, konnten nur begrenzt Strom speichern und fanden daher nur bei wenigen Kunden Anklang. Einziger bekannter Abnehmer war der Sportwagenhersteller Porsche, der nun auch die Varta-Tochtergesellschaft V4Drive Battery mehrheitlich übernehmen will. „Wir brauchen diese Batterien dringend für den Hybrid-Antrieb unseres Porsche 911 Carrera GTS“, erklärte ein Porsche-Sprecher.
Ein Blick in die Zukunft: Hoffnung und Unsicherheit
Trotz der Turbulenzen will Varta an allen deutschen Standorten festhalten. Ein Unternehmenssprecher bestätigte, dass es in der Verwaltung zu einem moderaten Stellenabbau kommen werde, während in der Produktion neue Arbeitskräfte gesucht würden. Was dies für die Gesamtmitarbeiterzahl bedeutet – derzeit beschäftigt Varta etwa 4.000 Menschen – ist jedoch noch unklar.
Die Einigung muss in den kommenden Wochen schriftlich festgehalten und beim zuständigen Sanierungsgericht eingereicht werden. Es bedarf der Zustimmung der Gremien aller beteiligten Parteien sowie der Freigabe durch das Bundeskartellamt. Man rechnet damit, dass es noch Monate dauern wird, bis der Prozess abgeschlossen ist. „Wir hoffen, dass wir den Sanierungsplan noch in diesem Jahr abschließen können“, erklärte ein Unternehmenssprecher.
Ein gerettetes Unternehmen – aber zu welchem Preis?
Die Rettung von Varta ist ein zweischneidiges Schwert. Während das Unternehmen finanziell stabilisiert und der Fortbestand gesichert wird, bleiben die ehemaligen Aktionäre auf der Strecke. Die drastischen Maßnahmen werfen Fragen auf: Wie konnte es soweit kommen, und was hätte man anders machen können? Sicher ist nur, dass Varta noch einen langen Weg vor sich hat, um wieder an die Erfolge der Vergangenheit anknüpfen zu können.