Die finanzielle Lage vieler Rentner in Deutschland gibt Anlass zur Sorge. Laut neuesten Zahlen der Bundesregierung lebt fast jeder fünfte Rentner in Deutschland in Armut oder ist davon bedroht. Genauer gesagt, liegt die Armutsgefährdungsquote bei 18,4 Prozent. Besonders betroffen sind Frauen: Bei ihnen beträgt die Quote sogar 20,2 Prozent. Diese Daten basieren auf einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag.
Rentner besonders von Armut betroffen
Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ist die Situation der Rentner besonders prekär. Während 14,4 Prozent der deutschen Bevölkerung generell armutsgefährdet sind, ist der Anteil unter Rentnern signifikant höher. Die Bundesregierung stützt ihre Angaben auf Statistiken der Deutschen Rentenversicherung und Eurostat. Armutsgefährdung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass eine Person weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat.
Ein Blick auf die Entwicklung der letzten Jahre zeigt einen deutlichen Anstieg der Armutsgefährdung unter älteren Menschen. Im Jahr 2014 lag der Anteil der über 65-Jährigen, die als armutsgefährdet galten, noch deutlich niedriger. Seitdem ist die Quote um über elf Prozent gestiegen.
Deutliche Unterschiede in den Rentenhöhen
Ein wesentlicher Faktor für die hohe Armutsgefährdung ist die unzureichende Höhe vieler Renten. Im Jahr 2022 betrug die durchschnittliche Altersrente für Männer in Deutschland 1.373 Euro, während Frauen im Durchschnitt lediglich 890 Euro erhielten. Diese Diskrepanz ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, darunter geringere Löhne, häufigere Teilzeitbeschäftigungen und Unterbrechungen der Erwerbsbiografie bei Frauen.
Die Problematik zeigt sich auch bei den langjährig Versicherten: Über ein Drittel derjenigen, die mindestens 40 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben, erhält eine monatliche Rente von weniger als 1.250 Euro. Selbst unter denjenigen mit 45 Versicherungsjahren liegt der Anteil der Renten unter dieser Schwelle noch bei fast 25 Prozent.
Wachsende Kosten für die Grundsicherung
Mit der Zunahme der Altersarmut steigen auch die Kosten für die staatliche Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Im Jahr 2023 beliefen sich die Ausgaben hierfür auf 10,1 Milliarden Euro, ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 2018, als die Nettoausgaben noch bei 6,6 Milliarden Euro lagen. Diese Entwicklung verdeutlicht, dass immer mehr Rentner auf zusätzliche staatliche Unterstützung angewiesen sind, um ihre Grundbedürfnisse zu decken.
Politische Forderungen und Vorschläge
Der rentenpolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Matthias W. Birkwald, kritisiert, dass viele Rentner kaum Chancen haben, ihre Rentenlücken durch betriebliche oder private Vorsorge zu schließen. „Von niedrigen Löhnen und Gehältern werden dementsprechend niedrige Beiträge in die gesetzliche Rente eingezahlt,“ so Birkwald. Er bezweifelt, dass viele der Betroffenen durch zusätzliche Altersvorsorge ihre finanzielle Lage im Alter verbessern können.
Pascal Kober, sozialpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, schlägt vor, die Anrechnungsregeln für Rentenansprüche bei Grundsicherungsempfängern zu ändern. Konkret fordert er, dass kleine Rentenansprüche nicht vollständig auf die Grundsicherung angerechnet werden. „Wer beispielsweise nur einen Rentenanspruch von 450 Euro hat, könnte sofort 90 Euro mehr erhalten,“ erläuterte Kober. Er kündigte an, dieses Thema im Herbst mit Arbeitsminister Hubertus Heil zu besprechen.
Gewerkschaften fordern höhere Löhne und Renten
Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), sieht die Ursachen für niedrige Renten in den Arbeitsbedingungen vieler Menschen. Niedrige Löhne, unfreiwillige Teilzeit und Phasen der Arbeitslosigkeit tragen laut Piel dazu bei, dass viele Menschen im Alter nur unzureichende Renten beziehen. Sie fordert daher eine stärkere Tarifbindung, einen höheren Mindestlohn sowie bessere Weiterbildungs- und Förderangebote. Piel betont: „Ein stabiles und höheres Rentenniveau ist notwendig, um niedrige Renten zu bekämpfen.“
Handlungsbedarf im Rentensystem
Die steigende Armutsgefährdung unter Rentnern in Deutschland zeigt die Schwächen des bestehenden Rentensystems auf. Die Vorschläge zur Verbesserung reichen von einer Anpassung der Anrechnungsregeln bis hin zur Stärkung der betrieblichen und privaten Altersvorsorge. Doch es wird immer deutlicher, dass tiefgreifende Reformen notwendig sind, um Altersarmut in Deutschland wirksam zu bekämpfen. Angesichts der wachsenden Zahl von Rentnern, die auf Grundsicherung angewiesen sind, und der stetig steigenden Kosten für den Staat ist ein schnelles Handeln erforderlich. Es geht darum, die finanzielle Sicherheit im Alter für alle Bürger zu gewährleisten und die Rentenlücke zu schließen, die viele Menschen in die Armut treibt.