Der Westen schaut zu
China setzt beim Bau von Atomkraftwerken weltweit neue Maßstäbe, während Europa und die USA mit erheblichen Schwierigkeiten kämpfen. Seit Beginn seines Atomprogramms in den 1980er Jahren hat China kontinuierlich neue Reaktoren gebaut und dabei eine beeindruckende Erfolgsbilanz vorgelegt. Allein seit 2022 wurden in China 31 neue Reaktoren genehmigt, während in westlichen Ländern immer wieder Projekte scheitern oder abgebrochen werden.
Kontinuierlicher Fortschritt ohne Unterbrechungen
Chinas Erfolg im Atomkraftwerksbau ist das Ergebnis einer konsequenten Strategie. Während in westlichen Ländern das Stop-and-Go-Prinzip dominiert, zieht China seine Projekte kontinuierlich durch. Seit der Genehmigung des ersten Atomkraftwerks 1981 hat China 57 Reaktoren in Betrieb genommen, 30 weitere sind im Bau. Diese ununterbrochene Weiterentwicklung hat dazu geführt, dass China heute eine eingespielte und effiziente Industrie hat, die von erfahrenen Arbeitskräften und etablierten Lieferketten gestützt wird.
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Im Gegensatz dazu zeigt sich in Europa und den USA ein anderes Bild. Hier sind Bauprojekte von ständigen Unterbrechungen, Verzögerungen und explodierenden Kosten geprägt. Der dänische Ökonom Bent Flyvbjerg, ein Experte für Großprojekte, fasst das Problem zusammen: „90 Prozent der Projekte gehen Geld und Zeit aus, bevor sie fertiggestellt sind.“ Besonders betroffen ist die Atomindustrie, wo die Baukosten im Durchschnitt um 120 Prozent über den ursprünglichen Planungen liegen.
Sicherheitsanforderungen und strategische Probleme
Ein zentraler Grund für die hohen Kosten und Verzögerungen im Westen liegt in den stetig wachsenden Sicherheitsanforderungen. Jede größere Katastrophe, sei es in Three Mile Island, Tschernobyl oder Fukushima, führte zu verschärften Sicherheitsvorschriften, die den Bau neuer Reaktoren immer komplizierter und teurer machen. Diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass die Atomindustrie in vielen westlichen Ländern stagniert.
Zusätzlich kommt es oft zu einer strategischen Fehlplanung, bei der die Kosten und Risiken neuer Projekte bewusst unterschätzt werden, um politische Unterstützung zu gewinnen. Flyvbjerg nennt dies „strategische Falschdarstellung“ und warnt, dass solche Fehleinschätzungen zu massiven Problemen führen, sobald der Bau tatsächlich beginnt. Die Realität zeigt sich dann auf der Baustelle, wo Korrekturen und Nachbesserungen notwendig werden, was die Kosten weiter in die Höhe treibt und die Bauzeit verlängert.
Die Herausforderungen der Zukunft
Trotz der ernüchternden Bilanz gibt es in Europa und den USA weiterhin Pläne, die Atomkraft auszubauen. So streben die USA und 21 weitere Staaten an, ihre Atomkapazitäten bis 2050 zu verdreifachen. Dieses ehrgeizige Ziel sieht den Bau von über 1000 neuen Reaktoren vor. Experten wie Flyvbjerg sind jedoch skeptisch, ob der Westen die Herausforderungen rechtzeitig bewältigen kann, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können.
China hingegen könnte durch seine kontinuierliche und effiziente Vorgehensweise bis 2030 zur weltweit führenden Atommacht aufsteigen und die USA überholen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es das bisherige Tempo beibehält und seine Projekte weiterhin erfolgreich umsetzt.
Während der Westen also mit den Tücken des Atomkraftwerksbaus kämpft, setzt China seine Erfolgsserie fort. Die Frage bleibt, ob Europa und die USA es schaffen werden, ihre eigenen Prozesse zu reformieren und die Kernkraft effektiv zu nutzen, oder ob sie endgültig ins Hintertreffen geraten.