Im Oktober 2023 ist die Zahl der Firmeninsolvenzen in Deutschland deutlich angestiegen. Laut einer aktuellen Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) meldeten 1530 Personen- und Kapitalgesellschaften Insolvenz an. Dies entspricht einem Anstieg von 17 Prozent im Vergleich zum Vormonat und 48 Prozent im Vergleich zum Oktober des Vorjahres. Damit verzeichnete Deutschland den höchsten Oktoberwert seit 20 Jahren. Die Zahl übersteigt den durchschnittlichen Oktoberwert der Jahre 2016 bis 2019 um 66 Prozent und liegt damit deutlich über dem Niveau vor der Corona-Pandemie.
Ursachen der aktuellen Insolvenzwelle
Die Forscher des IWH führen den Anstieg auf eine Kombination aus wirtschaftlicher Schwäche und stark gestiegenen Kosten zurück. „Die derzeitige Insolvenzwelle ist das Ergebnis eines perfekten Sturms aus lang anhaltender konjunktureller Schwäche und drastisch gestiegenen Kosten“, erläuterte Steffen Müller, Forscher am IWH. Die niedrigen Zinsen und staatlichen Hilfsprogramme während der Pandemie haben es vielen Unternehmen ermöglicht, trotz finanzieller Schwierigkeiten zu überleben. Doch nun, mit den erhöhten Kosten, sind sie stark unter Druck geraten.
Ein weiterer wesentlicher Faktor ist die Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) im Jahr 2022, die zur Bekämpfung der Inflation eingeführt wurde. Die höheren Zinssätze belasten besonders Unternehmen, die stark verschuldet sind und in der Niedrigzinsphase von günstigen Krediten profitiert haben. Diese Firmen können die gestiegenen Finanzierungskosten oft nicht mehr stemmen, was zu einem Anstieg der Insolvenzen führt.
Betroffene Branchen und Regionen
Besonders stark betroffen sind das Baugewerbe, der Handel und unternehmensnahe Dienstleistungen. Auch das verarbeitende Gewerbe weist hohe Insolvenzzahlen auf. Diese Sektoren stehen unter erhöhtem wirtschaftlichen Druck, da sie sowohl von den gestiegenen Kosten als auch von der anhaltenden wirtschaftlichen Schwäche betroffen sind. Der IWH-Experte Müller betonte, dass viele Insolvenzen, die durch staatliche Hilfen während der Pandemie hinausgezögert wurden, nun nachgeholt werden.
Langfristige Auswirkungen und Ausblick
Die derzeitige Entwicklung zeigt, dass die wirtschaftlichen Nachwirkungen der Pandemie und die Zinsanhebungen der EZB die Unternehmenslandschaft in Deutschland stark belasten. Viele Unternehmen, die zuvor durch Hilfen über Wasser gehalten wurden, sind in der neuen wirtschaftlichen Realität nicht mehr wettbewerbsfähig. Besonders betroffen sind Branchen, die auf finanzielle Stabilität und moderate Betriebskosten angewiesen sind.
Der Anstieg der Insolvenzen macht deutlich, dass die deutschen Unternehmen sich in einer Übergangsphase befinden. Die Kombination aus steigenden Kosten, einer schwachen Konjunktur und der veränderten Zinspolitik fordert eine Anpassung, die viele Unternehmen nicht ohne Weiteres leisten können. Es bleibt abzuwarten, wie die Politik und Wirtschaft auf diese Herausforderungen reagieren werden, um die Stabilität des Marktes zu gewährleisten.