Der britische Fotograf Oli Kellett findet in der ständigen Bewegung und dem Lärm des Stadtlebens Ruhe an Fußgängerüberwegen. Von den überfüllten Straßen New Yorks bis hin zu den pulsierenden Alleen von Rio de Janeiro hat Kellett mit seinem Objektiv alltägliche städtische Kreuzungen in Szenen von dramatischer, kontemplativer Stille verwandelt. Seine jüngste Ausstellung bei HackelBury Fine Art in London mit dem Titel „Waiting for a Sign“ (Warten auf ein Zeichen) und seine erste Monografie „Cross Road Blues“ zeigen diese Reise, auf der er unerwartete Momente der Ruhe in geschäftigen Städten einfängt.
Das Herzstück von Kellett’s Arbeit
Kelletts Faszination liegt darin, das Wesen der Stille und Kontemplation einzufangen. „Ich interessiere mich für die Idee der Stille und Kontemplation“, verriet er in seiner Londoner Galerie. Seine großformatigen Bilder, die Teil der Serie „Cross Road Blues“ sind, zeigen Menschen an Kreuzungen in einem Moment der Entscheidung und symbolisieren die weitreichenden Richtungsentscheidungen des Lebens. Jedes Bild erzählt eine einzigartige Geschichte – ein Straßenreiniger in Boston, der in Gedanken versunken im Sonnenlicht sitzt, oder eine bunt gemischte Gruppe in Chicago, die im hellen, gedämpften Licht innehält und in unterschiedliche Richtungen schaut.
Die Entstehung von „Cross Road Blues“ erfolgte unerwartet in Los Angeles während der Wahlen 2016. Ursprünglich wollte Kellett das politische Klima einfangen, doch dann fühlte er sich zu den individuellen Geschichten der Menschen an den Fußgängerüberwegen hingezogen und stellte fest: „Es geht nicht um Politik, es geht um Menschen.“ Dieser Schwenk führte ihn in verschiedene US-Städte, wo die Gitterstrukturen und die Architekturen der Innenstädte den idealen Hintergrund für seine auf Kontemplation ausgerichteten Bilder bildeten.
Die uninszenierte Schönheit des Zufalls
Kelletts Prozess beinhaltet eine Mischung aus Geduld, Beobachtung und Unsicherheit. Er betont die Bedeutung des Zufalls in seiner Arbeit und erklärt, dass keines seiner Fotos inszeniert ist. Die perfekte Aufnahme entsteht aus dem harmonischen Zusammenspiel des richtigen Lichts, eines ruhigen Moments und der überzeugenden Präsenz einer Person an einem Zebrastreifen. Diese ungekünstelte Herangehensweise führt zu Bildern, die zwar inszeniert aussehen, aber tatsächlich spontane Momente der urbanen Ruhe einfangen.
Die Serie endete in Rio de Janeiro mit dem eindrucksvollen Bild eines Mannes in kontemplativer Pose, das ein passendes Ende für Kelletts Erkundungen darstellt. Seine Arbeiten gehen über das zeitgenössische urbane Umfeld hinaus und verbinden sich mit einem tieferen, zeitlosen Gefühl der Menschlichkeit, ähnlich wie heilige Figuren in historischen religiösen Gemälden. Was die Zukunft betrifft, so bleibt Kellett offen für das Unvorhersehbare, was seiner Philosophie entspricht: „Es geht darum, aus der Tür zu gehen und nicht zu wissen, wen man treffen wird oder wohin man geht.“