Werbung und Ikonographie: Die gefährliche Erforschung durch einen Künstler

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In der Henry Art Gallery in Seattle steht die Macht der Werbung und der Ikonographie im Mittelpunkt einer provokativen neuen Ausstellung von Hank Willis Thomas. „LOVERULES“ bietet eine aufrüttelnde Reflexion über die Kommerzialisierung von Weiblichkeit, Rasse und Kultur durch historische Werbung und fordert die Zuschauer auf, sich mit den unbequemen Wahrheiten auseinanderzusetzen, die in den Werbebotschaften der Unternehmen stecken.

Enthüllung von „Unbranded: Ein Jahrhundert der weißen Frauen“

In einem offenen, ovalen Raum in der Henry Art Gallery sind die Wände mit Bildern von Frauen geschmückt, die ein Jahrhundert von 1915 bis 2015 umfassen. Hank Willis Thomas zeigt auf ein eindrucksvolles Bild von zwei Männern auf einer Klippe, unter denen eine Frau an einem Seil hängt. „Möchte jemand raten, wofür diese Anzeige ist?“, fragt er eine Vorschaugruppe. „Pullover?“, schlägt jemand überraschend richtig vor. Dieses Bild aus der Anzeige von Drummond Sweaters in der Zeitschrift „Esquire“ aus dem Jahr 1959 spiegelt die Kommerzialisierung der Weiblichkeit in dieser Zeit deutlich wider.

Historische Kommodifizierung

Thomas‘ „Unbranded: A Century of White Women“ (Ein Jahrhundert weißer Frauen) befreit 101 Werbeanzeigen von ihren Logos und Texten und enthüllt die unverfälschte Darstellung von Frauen in den Medien. Lesen Sie den Original-Anzeigentext: „Männer sind besser als Frauen! In Innenräumen sind Frauen nützlich – sogar angenehm. Auf dem Berg sind sie eher lästig“, ruft Thomas einen Chor von Spöttern hervor, der den eklatanten Sexismus der damaligen Zeit verdeutlicht.

Die Entwicklung des Corporate Branding

„LOVERULES“ verbindet Thomas‘ Erkundung von Corporate Branding und dessen Auswirkungen auf Geschlecht und Rasse miteinander. Was bedeutet es, 40 Jahre später ein Objekt zu betrachten, das für eine Haltbarkeit von drei bis sechs Monaten hergestellt wurde?“ fragt Thomas und unterstreicht damit die bleibende Kraft dieser Bilder. Eine Zigarettenwerbung von Tareyton aus dem Jahr 1963, in der eine Frau mit einem blauen Auge abgebildet ist, ist besonders verstörend und zeigt, wie Werbung schwere Themen wie häusliche Gewalt trivialisieren kann.

Kapitalismus und Tokenisierung

In der Serie „Unbranded“ werden die Zuschauer mit dem kapitalistischen Ethos der Werbung konfrontiert. „Was von uns erwartet wird, ist sehr stark von der Werbung geprägt, die in der Regel eine bestimmte Agenda verfolgt“, sagte Thomas gegenüber CNN. Die Minderwertigkeit der Frau, die zur Ware gemacht und verkauft wird, wird zu einem mächtigen Instrument für den Profit.

Ungebrandet: Reflections in Black by Corporate America

In dieser ergänzenden Serie kritisiert Thomas, wie Marken marginalisierte Gemeinschaften zu Waren machen, wenn es finanziell günstig ist. „Irgendwann in den späten 60er Jahren, ich glaube, als die Bürgerrechtsbewegung für mehr Aufmerksamkeit sorgte, wurden die Unternehmen aufmerksam“, erklärt er. Anzeigen aus den Jahren 1968 bis 2008 verdeutlichen diesen Wandel, der mit der Wahl Barack Obamas absichtlich beendet wurde und einen gefühlten Höhepunkt des unternehmerischen Interesses am schwarzen Amerika markierte.

Rassismus und Sexismus in der Werbung

Beide „Unbranded“-Serien dienen als Kanäle zum Verständnis von Rassismus und Sexismus in der amerikanischen Geschichte. Thomas‘ Arbeit fordert uns auf zu analysieren, wie Unternehmen Glaubenssysteme aus Profitgründen zu Waren machen und sich oft von diesen Positionen zurückziehen, wenn die Gewinne ins Wanken geraten.

Influencer und subtile Botschaften

Thomas argumentiert, dass die moderne Werbung immer trügerischer geworden ist. „Mit Influencern und Product Placement ist (diese Werbung) viel subtiler, heimtückischer“, sagt er. Selbst wenn wir manipulative Taktiken erkennen, lassen wir uns oft darauf ein, ein Thema, das er in seiner Serie „B®anded“ untersucht.

Markenbildung und Eigentum

In „B®anded“ verschmilzt Thomas Markenlogos mit suggestiven Bildern, wie einer „Afro-American Express“-Karte, auf der versklavte Menschen und eine Brust mit Narben in Form des Nike-Logos abgebildet sind. Diese Werke zeigen, wie Marken und Eigentum in historischen und modernen Kontexten zusammenhängen.

Die Ausstellung „LOVERULES“ von Hank Willis Thomas in der Henry Art Gallery ist eine kraftvolle Reflexion über die gefährliche Macht von Werbung und Ikonographie. Mit Hilfe historischer und zeitgenössischer Aspekte fordert Thomas uns auf, die Botschaften, die wir konsumieren, und die Systeme der Unterdrückung, die sie aufrechterhalten, zu hinterfragen. Wenn wir uns die visuellen Botschaften von heute ansehen, müssen wir uns fragen, was künftige Generationen anstößig finden werden.