Die Möglichkeit, sich telefonisch von ihrem Arzt krankschreiben zu lassen, ist für Patienten unter bestimmten Voraussetzungen wieder verfügbar. Diese Regelung, die ab sofort in Kraft tritt, wurde vom Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken mit Sitz in Berlin bekannt gegeben. In diesem Artikel werden wir die Hintergründe dieser Entscheidung, die Voraussetzungen und die Reaktionen von verschiedenen Interessengruppen näher beleuchten.
Die Voraussetzungen für die telefonische Krankschreibung
Die neue Regelung zur telefonischen Krankschreibung gilt vorerst für Patienten, die in der betreffenden Arztpraxis bekannt sind und keine schweren Symptome aufweisen. Es ist auch wichtig zu beachten, dass die Möglichkeit der Videosprechstunde ausgeschlossen sein muss. Unter diesen Bedingungen können Ärzte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für maximal fünf Tage ausstellen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hebt die Bedeutung dieser Regelung in Zeiten von Infektionsausbrüchen hervor. Er sieht sie als eine „wesentliche Entlastung für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Ärzte“. Das Bundesgesundheitsministerium betont zudem den Bürokratieabbau, der durch diese Neuregelung erreicht wird, und die Vermeidung unnötiger Arztbesuche.
Die Geschichte der telefonischen Krankschreibung
Während der Corona-Pandemie wurde bereits eine Sonderregelung für die telefonische Krankschreibung eingeführt, die mehrmals verlängert wurde. Doch im Frühjahr diesen Jahres ist sie ausgelaufen. Mit dem neuen Beschluss wird diese Regelung nun dauerhaft im deutschen Gesundheitssystem verankert. Dies wurde durch eine gesetzliche Beauftragung an den Gemeinsamen Bundesausschuss von der Ampelkoalition im Sommer beschlossen.
Die Entlastung der Arztpraxen und das Infektionsrisiko
Die Entscheidung zur telefonischen Krankschreibung wurde positiv von vielen Seiten aufgenommen. Insbesondere der Hausärzteverband begrüßte diese Maßnahme. Die Arztpraxen stehen derzeit vor enormen Herausforderungen, bedingt durch die aktuelle Erkältungs- und Corona-Welle. Markus Beier, der Verbandsvorsitzende, betont, dass die Praxisteams am Limit arbeiten. Die Möglichkeit zur telefonischen Krankschreibung erleichtert die Praxisabläufe erheblich.
Beier unterstreicht jedoch, dass die telefonische Krankschreibung nur bei „bekannten“ Patienten angewendet werden sollte. Dies reduziert das Missbrauchspotenzial erheblich. Die Anwendung ist zudem auf leichtere Erkrankungen beschränkt, wie etwa Schnupfen und Kopfschmerzen. In der Praxis bedeutet dies, dass ein Patient beim Empfang anruft und dann vom Arzt zur weiteren Abklärung zurückgerufen wird.
Für schwerere Symptome weiterhin Praxisbesuche erforderlich
Markus Beier macht deutlich, dass bei schwereren Symptomen, die auf ernstere Erkrankungen hindeuten, ein Praxisbesuch weiterhin unverzichtbar ist. Die Praxen benötigen Zeit und Ressourcen, um sich um wirklich kranke Patienten angemessen zu kümmern.
Die Bedenken der Arbeitgeber
Auf der Arbeitgeberseite gibt es jedoch Bedenken bezüglich der dauerhaften Regelung zur telefonischen Krankschreibung. Steffen Kampeter, der Hauptgeschäftsführer der Arbeitgebervereinigung BDA, sieht diese Maßnahme als eine Herausforderung für den Betriebsfrieden in den Unternehmen. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Bedenken in der Praxis auswirken werden und ob möglicherweise Anpassungen oder Ergänzungen der Regelungen notwendig werden.
Insgesamt gesehen bietet die Möglichkeit zur telefonischen Krankschreibung eine wichtige Erleichterung für Patienten und Ärzte in Zeiten von Gesundheitskrisen und hohen Arbeitsbelastungen in den Praxen. Doch es wird entscheidend sein, wie verantwortungsvoll und diszipliniert diese Option genutzt wird, um möglichen Missbrauch zu verhindern und gleichzeitig die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.