Angela Merkel, die langjährige deutsche Bundeskanzlerin, hat in ihrer Autobiografie „Freiheit“ ihre politischen Entscheidungen und persönlichen Erfahrungen reflektiert. Das 736 Seiten starke Buch bietet einen Einblick in ihre Denkweise und beleuchtet prägende Momente ihrer 16-jährigen Amtszeit. Gemeinsam mit ihrer langjährigen Büroleiterin Beate Baumann verfasst, bleibt das Werk im typischen Merkel-Stil: sachlich, durchdacht und diplomatisch.
Politik erklärt und verteidigt
Merkels Buch ist weniger eine Überraschung als vielmehr eine sorgfältige Erklärung ihrer Politik. Sie schildert, wie sie zentrale Themen wie die Flüchtlingskrise 2015 oder die Finanzkrise angegangen ist. „Ich wollte die Interpretation meiner Arbeit nicht allein anderen überlassen“, schreibt sie im Vorwort. Dabei bleibt sie – typisch für Merkel – meist sachlich und wägt ihre Entscheidungen ab. Besonders bei kontroversen Themen wie der Grenzöffnung 2015 zeigt sie sich nachdenklich, bleibt jedoch überzeugt von der Richtigkeit ihrer Entscheidungen.
Selbstkritisch, aber kontrolliert
Obwohl Merkel vereinzelt selbstkritische Töne anschlägt, bleibt sie ihrer Linie treu. Sie gibt zu, Entscheidungen wiederholt zu überdenken, verteidigt sie jedoch meist schlüssig. Ihr Stil wirkt glaubwürdig und bodenständig, frei von Effekthascherei. Diplomatisch und oft subtil deutet sie ihre Meinung an, ohne dabei andere bloßzustellen. So schildert sie etwa Begegnungen mit Wladimir Putin und Donald Trump, bleibt dabei stets respektvoll, obwohl sie deren Machtdemonstrationen spürbar missbilligt.
Einblicke in ihre Persönlichkeit
Das Buch gewährt auch persönliche Einblicke. Merkel reflektiert über ihre ostdeutsche Herkunft, die sie stärker in den Vordergrund rückt als während ihrer Amtszeit. Anekdoten aus ihrer Jugend, wie der Rauswurf aus einer Marxismus-Vorlesung oder die Arbeit in der FDJ, vermitteln ein Bild ihrer Prägungen in der DDR. Interessant ist auch ihre Wahl des Liedes „Du hast den Farbfilm vergessen“ von Nina Hagen zum Abschied – ein Hinweis auf ihren Humor, der oft hinter der nüchternen Fassade verborgen blieb.
Beate Baumanns Einfluss
Besonders beleuchtet wird die Rolle von Beate Baumann, Merkels engster Vertrauter und Co-Autorin des Buches. Baumann spielte offenbar eine entscheidende Rolle bei Merkels prägenden Momenten, etwa der Formulierung des berühmten „Wir schaffen das“ im Jahr 2015. Ihre diskrete, aber einflussreiche Präsenz wird im Buch deutlich herausgestellt.
Ein wichtiges Werk
„Freiheit“ ist kein skandalträchtiges Buch, sondern ein sachliches und reflektiertes Werk, das Merkels politische Entscheidungen und persönliche Prägungen zusammenführt. Für die Nachwelt liefert es wertvolle Einblicke in die Denkweise einer der prägendsten Politikerinnen der deutschen Nachkriegsgeschichte.