Er möchte sich in das Goldene Buch eintragen lassen.
In Wernigerode ist vorgesehen, den Vizekanzler als Ehrengast zu begrüßen. Einige Bürger sind empört. CDU und FDP boykottieren das Event. Und eine Politikerin zieht sogar einen Vergleich zu Hitler.
Norbert Röttgen hat bereits seinen Eintrag, genauso wie Jens Spahn (beide CDU) und auch der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat sich schon im Goldenen Buch von Wernigerode verewigt. Aber der geplante Eintrag des Wirtschaftsministers Robert Habeck an diesem Mittwoch sorgt für Aufregung in der Harz-Stadt.
Der Vizekanzler besucht eigentlich den Südwesten von Sachsen-Anhalt anlässlich der Energieministerkonferenz. Doch inzwischen ist der Eintrag in das Goldene Buch zum Hauptthema seiner Reise geworden. Auf Facebook häufen sich seit Tagen zahlreiche hasserfüllte und ablehnende Kommentare.
„Übt schon mal, Eier, Tomaten und Unrat zu werfen“, postet ein User. Andere bezeichnen den Politiker der Grünen als „Kriegstreiber und Landesverräter“. Ein Kommentar lautet: „Verbrecher gehören nicht ins Goldene Buch.“
In einer Stadtratssitzung letzte Woche wurde sogar ein Hitler-Vergleich gezogen. Die Bundesvorsitzende der Partei „Die Basis“, Skadi Helmert, fragte den Oberbürgermeister Tobias Kascha, warum Habeck die Ehre eines Eintrags in das Goldene Buch verdient hätte.
Kascha verteidigte in der auf Video festgehaltenen Sitzung seine Entscheidung. Er sei als Oberbürgermeister berechtigt, im Sinne der Willkommenskultur von Wernigerode Personen im Goldenen Buch zu ehren. In der Vergangenheit wurde dies ebenfalls so praktiziert.
„Es widerspricht meinem Gewissen, mich mit diesem Mann in einem Raum aufzuhalten“, äußerte Matthias Winkelmann, der Fraktionsvorsitzende der CDU und boykottiert die Ehrung von Habeck.
Hierauf antwortete Helmert: „Ist Ihnen klar, dass auch Adolf Hitler in einem goldenen Buch stand und später entfernt wurde?“, woraufhin im Saal Applaus aufbrandete.
Denn nicht nur Helmert kritisiert die Auszeichnung für den Vizekanzler. Auch die örtliche FDP und CDU sind gegen den Eintrag und werden das Event am Mittwoch boykottieren.
Einige Tage später erläutert Winkelmann am Telefon seine Entscheidung zum Tagesspiegel: Habeck gefährde mit seiner ideologischen Haltung die Wirtschaft. Er spricht von besorgten Autozulieferern in der Region und verärgerten Bürgern wegen des Heizungsgesetzes.
Habeck habe nichts für die Stadt oder die Gesellschaft geleistet, so Winkelmanns Argument. Auch missfällt ihm die Nähe der Grünen zu den Klimaaktivisten der Letzten Generation. Dass seine Partei in einigen Bundesländern mit den Grünen koaliert, sieht er jedoch nicht als Widerspruch: „In der CDU kann man unterschiedlicher Meinung sein“, sagt er.
Winkelmann kritisiert die Alleinentscheidung des Oberbürgermeisters. Er hätte bei einer Podiumsdiskussion mit Habeck teilgenommen, beteuert er. Eine Ehrung sei jedoch etwas anderes: „Ich soll Habeck noch bejubeln und huldigen – das werde ich nicht tun“, so Winkelmann. Er plant stattdessen, angeln zu gehen.
Trotz der Aufregung online und bei der Stadtversammlung könnte die Ehrung am Mittwoch reibungslos verlaufen. „Bis jetzt liegen der Versammlungsbehörde keine Anmeldungen für die Energieministerkonferenz vor“, informiert eine Sprecherin des Landkreises. Ein Polizeisprecher bestätigt: „Wir sind gut vorbereitet.“