/

Bürgergeld: Auf Kosten der Beitragszahler

Für den Bundeshaushalt sollen 1,5 Milliarden Euro bei der Bundesagentur für Arbeit gespart werden, aber Leistungen nicht gekürzt. Das geht nur durch einen Trick.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) steht vor einer enormen finanziellen Herausforderung. Im Zuge der Haushaltsverhandlungen für das kommende Jahr hat die Ampelkoalition beschlossen, dass die BA 1,5 Milliarden Euro einsparen muss. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf den Bundeshaushalt, da der Etat für Arbeit und Soziales momentan fast 39 Prozent des Gesamtbudgets ausmacht.

Die genaue Art und Weise, wie diese Summe eingespart werden soll, ist jedoch noch unklar. Ein hochrangiger Mitarbeiter der Bundesbehörde äußerte sich skeptisch darüber, wie die Regierung auf diesen Betrag kommen will. Ein häufiger Verdacht besteht darin, dass die Ampelkoalition auf die Rücklagen der BA zurückgreift. Allerdings sind diese Rücklagen nicht dazu gedacht, vom Bund als Sparbüchse missbraucht zu werden, sondern haben einen gesetzlich definierten Zweck.

In der Tat hat die BA nach den Turbulenzen der Corona-Pandemie Rücklagen aufgebaut, die bis zum Ende dieses Jahres voraussichtlich 1,7 Milliarden Euro betragen werden. Diese Gelder sind von entscheidender Bedeutung, da sie es der Bundesregierung ermöglichen, in Krisenzeiten wie während der Pandemie wichtige arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, wie das Kurzarbeitergeld, zu finanzieren.

Die Vereinbarung, die die Koalitionäre getroffen haben, sieht jedoch vor, dass die BA einen Teil der während der Pandemie erhaltenen Bundeszuschüsse, insbesondere für das Kurzarbeitergeld, zurückzahlen soll. Im Jahr 2020 beliefen sich diese Zuschüsse auf beeindruckende 27,3 Milliarden Euro und 2021 immer noch auf 21,7 Milliarden Euro. Dieser Schritt wandelt effektiv einen Bundeszuschuss in ein Darlehen um – ein cleverer Trick, um den Bundeshaushalt zu entlasten.

Allerdings hat dieser Trick Konsequenzen. Wenn die BA 2024 gezwungen ist, ihre neu gebildeten Rücklagen aufzulösen, um scheinbare Schulden beim Bund zu begleichen, greift die Regierung letztlich auf die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber zurück, die paritätisch in die Arbeitslosenversicherung einzahlen. Dieser Schritt wird von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften kritisiert, die im Aufsichtsrat der BA vertreten sind. Diese Institutionen wechseln sich in der Leitung des Aufsichtsrats ab.

Christina Ramb, stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, erklärt diesen Trick mit drastischen Worten: „Beitragsmittel der Arbeitslosenversicherung sind kein Sparbuch. Die Bundesregierung kann nicht auf die Beitragskasse nach Belieben zugreifen.“ Anja Piel vom DGB-Bundesvorstand und derzeitige Vorsitzende des BA-Aufsichtsrats betont, dass die BA erneut Rücklagen für Krisenzeiten bilden müsse, um handlungsfähig zu bleiben.

Insider aus der BA sind jedoch skeptisch, dass dies langfristig gelingen wird. Es wird erwartet, dass auch für den Haushalt 2025/2026 auf etwaige Überschüsse zurückgegriffen wird.

Die Bundesagentur für Arbeit ist nicht die einzige Institution, die Einschnitte beim Bundeszuschuss befürchten muss. Auch die finanzielle Unterstützung des Bundes für die Rentenversicherung wird um 600 Millionen Euro gekürzt. Es ist noch unklar, ob dies Auswirkungen auf die geplante Rentenerhöhung zum 1. Juli haben wird. Die endgültige Erhöhung der Renten wird erst im Frühjahr bekannt gegeben.

Die Regierung hat außerdem beschlossen, den sogenannten Bürgergeldbonus zurückzunehmen. Dieser Bonus in Höhe von 75 Euro pro Monat wurde erst 2023 eingeführt und wurde an Leistungsempfänger ausgezahlt, wenn sie an Weiterbildungsmaßnahmen teilnahmen. Die Streichung dieses Bonus wird jedoch nur Einsparungen von 250 Millionen Euro bringen, so das Bundesarbeitsministerium.

Darüber hinaus sollen die Jobcenter strenger im Umgang mit Geflüchteten aus der Ukraine werden. Die Sanktionen gegen Arbeitsverweigerung sollen verschärft werden, sowohl für Geflüchtete als auch für deutsche Leistungsempfänger, die Arbeitsangebote ablehnen. Obwohl die Regierung argumentiert, dass dies notwendig sei, um die Beschäftigungschancen dieser Personen zu erhöhen, gab es in der Vergangenheit nur einen sehr geringen Anteil an Totalverweigerern, sodass die erzielten Einsparungen voraussichtlich gering ausfallen werden.

Holger Schäfer vom Institut der Wirtschaft in Köln begrüßt dennoch diese Pläne. Er argumentiert, dass Sanktionen die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass arbeitsunwillige Personen letztendlich eine Beschäftigung finden.

Bundesfinanzminister Christian Lindner verteidigt die Einsparungen als notwendige Maßnahme, um den Sozialstaat „treffsicher“ zu machen.

Alexandra Krause von der Arbeitnehmerkammer Bremen sieht die Situation jedoch anders. Sie warnt vor einer Überlastung der Jobcenter, wenn Mittel gekürzt werden, und betont die Bedeutung von gut ausgebildetem Personal. Die Abschaffung des Bürgergeldbonus könnte sich besonders negativ auf junge Menschen auswirken, die auf diese finanzielle Unterstützung angewiesen sind, um sich auf eine Ausbildung vorzubereiten.

Immerhin gibt es auch gute Nachrichten: Die Regelsätze werden wie geplant nicht gekürzt. Zum 1. Januar 2024 wird das Bürgergeld für alleinstehende Erwachsene um 61 Euro auf monatlich 563 Euro erhöht. Diese Erhöhung ist gesetzlich festgelegt und bietet Stabilität in unsicheren Zeiten.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil verteidigt den Haushaltskompromiss und betont die Notwendigkeit, in Anbetracht des Bundesverfassungsgerichtsurteils weitere Einsparungen vorzunehmen. Dieser Schritt wird sicherlich Auswirkungen auf die Beitragszahler haben, und es bleibt abzuwarten, wie sich die geplanten Maßnahmen auf den Arbeitsmarkt und die soziale Sicherheit auswirken werden.