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Geplante US-Raketenstationierung in Deutschland

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Diskussionen und Bedenken

Die Ankündigung der USA, Langstreckenwaffen in Deutschland zu stationieren, hat in der deutschen Politiklandschaft für erhebliche Irritationen gesorgt. Die Grünen fordern eine Erklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz, während scharfe Kritik von der Linken und dem Bundessicherheitsrat (BSW) geäußert wird. Verteidigungsminister Boris Pistorius spricht von einer notwendigen Schließung einer „Fähigkeitslücke“. Doch was genau bedeutet diese Stationierung für Deutschland und Europa?

Hintergrund und Details der Stationierung

Ab dem Jahr 2026 sollen Marschflugkörper vom Typ „Tomahawk“ mit einer Reichweite von über 2.000 Kilometern, Flugabwehrraketen vom Typ SM-6 sowie neu entwickelte Überschallwaffen in Deutschland stationiert werden. Diese Maßnahmen sollen den Schutz der NATO-Verbündeten in Europa verstärken. Ein von der US-Navy zur Verfügung gestelltes Bild zeigt eine Tomahawk-Rakete, die von einem Zerstörer im Mittelmeer abgefeuert wird.

Die Grünen fordern Klarheit

Die Grünen äußerten erhebliche Bedenken hinsichtlich der geplanten Stationierung. Sara Nanni, die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen, forderte von Bundeskanzler Scholz eine Erklärung über die Hintergründe und die finanziellen Aspekte der Stationierung. „Dass sich Scholz dazu zunächst nicht geäußert habe, obwohl es eine klare Einordnung dringend bräuchte, irritiert“, sagte sie der Rheinischen Post. Nanni kritisierte zudem die fehlende Klarheit, die Ängste verstärken und Raum für Desinformation und Verhetzung lassen könne. Auch die finanziellen Konsequenzen der Stationierung müssten in Anbetracht des knappen Wehretats geklärt werden.

Opposition warnt vor Aufrüstungsspirale

Die Linke warnt vor einem neuen Rüstungswettlauf. Dietmar Bartsch, der verteidigungspolitische Sprecher der Linken im Bundestag, bezeichnete die Entscheidung als „höchst problematisch“. Er warnte davor, dass die Aufrüstungsspirale unter dem Deckmantel der Abschreckung weitergedreht werde. Ähnlich äußerte sich BSW-Chefin Sahra Wagenknecht: „Die Stationierung zusätzlicher Angriffsraketen auf deutschem Boden verbessert unsere Sicherheit nicht, sondern erhöht im Gegenteil die Gefahr, dass Deutschland selbst zum Kriegsschauplatz wird, mit furchtbaren Folgen für alle hier lebenden Menschen“, sagte sie dem Magazin Spiegel.

Unterstützung von SPD und Union

Im Gegensatz zur Kritik der Grünen und der Linken befürworten SPD und Union die Pläne. Nils Schmid von der SPD sieht die Stationierung als notwendigen Schritt zur Abschreckung Russlands. Auch Jürgen Hardt, außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, betont die Wichtigkeit dieser Maßnahme angesichts der aktuellen Bedrohungslage. „Nachdem Russland mit seinem Einmarsch in die Ukraine die europäische Friedensordnung zerstört hat, ist die Gefahr bei uns real“, erklärte Hardt.

Verteidigungsminister Pistorius sieht einen Auftrag für Deutschland

Verteidigungsminister Boris Pistorius betonte, dass die Stationierung der Langstreckenwaffen auf Rotationsbasis erfolgen werde. Dies sei mit der klaren Erwartung der USA verbunden, dass Deutschland selbst in die Entwicklung und Beschaffung solcher Waffen investiere. Pistorius sprach von einer „durchaus ernstzunehmenden Fähigkeitslücke in Europa“ und einem Bestandteil der Nationalen Sicherheitsstrategie Deutschlands.

Offene Fragen zur Stationierung

Wo genau die weitreichenden US-Waffen in Deutschland stationiert werden sollen, bleibt bislang offen. Zunächst sollen sie zeitweise in Deutschland stationiert werden, später möglicherweise permanent. Die Waffensysteme hätten eine „deutlich weitere Reichweite als gegenwärtige landgestützte Systeme in Europa“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

Marschflugkörper wie der „Tomahawk“ sind in der Lage, im Tiefflug weit in gegnerisches Gebiet einzudringen und wichtige Ziele zu zerstören. Dies können Kommandostellen, Bunker und Radaranlagen sein. Der „Tomahawk“ wird von Schiffen oder U-Booten eingesetzt, während der deutsche „Taurus“ von Flugzeugen aus gestartet wird.

Historische Parallelen und aktuelle Entwicklungen

Die USA hatten Waffen mit solch großer Reichweite zuletzt in den 1990er-Jahren in Deutschland stationiert. Die geplante Stationierung neuer Langstreckenwaffen wird daher auch als Rückkehr zu einer Strategie der Abschreckung verstanden, die seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr praktiziert wurde. Die Debatte über die Stationierung verdeutlicht die unterschiedlichen Positionen innerhalb der deutschen Politik und die Herausforderung, eine ausgewogene Sicherheitspolitik zu gestalten.

Die geplante Stationierung von US-Langstreckenwaffen in Deutschland bleibt ein kontroverses Thema, das sowohl sicherheitspolitische als auch finanzielle Fragen aufwirft. Während einige die Maßnahmen als notwendige Abschreckung gegenüber Russland betrachten, warnen andere vor den Risiken einer erneuten Aufrüstungsspirale. Klarheit über die genauen Pläne und deren Auswirkungen wird dringend gefordert, um die öffentliche Debatte sachlich und informativ zu führen.