Der dritte Jahrestag der Unruhen im Kapitol rückt näher und sowohl der ehemalige Präsident Donald Trump als auch Präsident Joe Biden bereiten sich darauf vor, dieses turbulente Ereignis als zentrales Element in ihren politischen Erzählungen zu nutzen. Trump, der eine Rückkehr ins Weiße Haus anstrebt, hält zwei Wahlkampfveranstaltungen in Iowa ab, einem entscheidenden Staat im Präsidentschaftsrennen. Im Gegensatz dazu macht Biden einen symbolischen Besuch in Valley Forge, Pennsylvania, und zieht Parallelen zwischen den Herausforderungen, denen sich George Washingtons Armee gegenübersah, und der aktuellen politischen Landschaft.
Die Belagerung am 6. Januar, als Trump-Anhänger das Kapitol stürmten, ist zu einem Ereignis geworden, das die Gemüter tief gespalten hat und das über die Parteigrenzen hinweg sehr unterschiedlich interpretiert wird. Obwohl Trump im Zusammenhang mit den Unruhen vor Gericht steht, streitet er weiterhin jegliches Fehlverhalten ab und bleibt eine dominierende Figur in den Vorwahlen der Republikaner. Er bezeichnete den Tag als „einen schönen Tag“ und die Randalierer als „große, große Patrioten“. Im Gegensatz dazu hat Biden dieses Ereignis zum Anlass genommen, eine umfangreiche Werbekampagne zu starten, in der er die Bedrohung der Demokratie durch diesen Extremismus betont.
Die republikanische Strategin Alice Stewart weist auf die differenzierte Sichtweise der republikanischen Wähler hin, die die Ereignisse des 6. Januar zwar missbilligen, aber der Wirtschaftspolitik Vorrang einräumen. Unterdessen haben Trumps republikanische Konkurrenten unterschiedliche Standpunkte eingenommen. Der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, bezeichnete den Tag als „Protest“ und Nikki Haley, Trumps ehemalige UN-Botschafterin, verurteilte den Tag als „schrecklich“.
Die Umfragedaten spiegeln diese wachsende Kluft zwischen den Parteien wider. Eine Umfrage des Pew Research Center zeigt, dass der Prozentsatz der Erwachsenen in den USA, die glauben, dass Trump viel Verantwortung für die Ereignisse vom 6. Januar trägt, zurückgegangen ist, während der Anteil derer, die glauben, dass er keine Verantwortung trägt, gestiegen ist. Diese Spaltung spiegelt sich auch in einer Umfrage der Washington Post und der Universität von Maryland wider, die einen starken Kontrast zwischen Republikanern und Demokraten in Bezug auf die Art der Proteste und ihre Teilnehmer aufzeigt.
Biden hat Trump immer wieder als Bedrohung für die Demokratie bezeichnet, eine Einschätzung, die er am ersten Jahrestag des Aufstands und vor den Zwischenwahlen 2022 wiederholte. Seine Wahlkampfmanagerin, Julie Chavez Rodriguez, schloss sich dieser Meinung an und hob die Schwere der Ereignisse vom 6. Januar im Vergleich zu historischen Maßstäben wie dem Bürgerkrieg hervor.
Als Reaktion darauf haben Trumps Wahlkampfberater das Blatt gewendet und Biden und die Demokraten beschuldigt, eine Gefahr für die Demokratie darzustellen. Diese rhetorische Schlacht unterstreicht eine tiefere Sorge, wie Daniel Ziblatt, ein Regierungsprofessor an der Harvard University, feststellt. Wenn beide Seiten sich gegenseitig als Bedrohung für die Demokratie ansehen, ist dies ein besorgniserregender Trend für die Gesundheit des demokratischen Systems.
Während die Nation über den dritten Jahrestag des Aufstands im Kapitol am 6. Januar nachdenkt, bleibt das Ereignis ein polarisierendes und starkes politisches Instrument. Die unterschiedlichen Darstellungen von Biden und Trump zeigen die tiefe ideologische Kluft in der amerikanischen Politik und unterstreichen die Herausforderungen, vor denen die amerikanische Demokratie steht. Ob diese abweichenden Interpretationen die öffentliche Meinung beeinflussen oder die bestehenden Spaltungen weiter vertiefen werden, bleibt entscheidend, da das Land auf einen weiteren Wahlzyklus zusteuert.