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Lithium-Abbaupläne führen zu massiven Protesten

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Serbien in Aufruhr

Die jüngsten Ereignisse in Belgrad haben das Land Serbien in den Mittelpunkt internationaler Aufmerksamkeit gerückt. Am Samstagabend und in der Nacht zum Sonntag versammelten sich Zehntausende Menschen in der serbischen Hauptstadt, um gegen das geplante Lithium-Projekt zu protestieren. Die Proteste waren so intensiv, dass zwei Bahnhöfe in Belgrad von den Demonstrierenden besetzt wurden, was zu 19 Festnahmen durch die Polizei führte. Diese Proteste sind der Höhepunkt eines Konflikts, der weit über Serbiens Grenzen hinausreicht und Europas wachsenden Bedarf an Lithium in den Fokus rückt.

Serbiens Lithium-Schatz: Hoffnung und Bedrohung

Serbien verfügt über eines der größten Lithium-Vorkommen Europas, das sich im Jadar-Tal im Westen des Landes befindet. Lithium ist ein unverzichtbarer Rohstoff für die Herstellung von Batterien, insbesondere für Elektrofahrzeuge, und spielt somit eine zentrale Rolle in der Energiewende. Für die europäische Industrie, besonders für Deutschland, ist der Zugang zu diesem Rohstoff von enormer Bedeutung. Die Europäische Union und Deutschland setzen sich daher intensiv dafür ein, dass das Lithium im Jadar-Tal gefördert wird.

Mehr zum Thema: Scholz‘ Reise nach Serbien: Neuer Lithium-Deal in Aussicht

Trotz der wirtschaftlichen Chancen, die ein solcher Abbau mit sich bringen könnte, stehen viele Serben dem Projekt äußerst kritisch gegenüber. Die Bevölkerung befürchtet erhebliche Umweltschäden, die durch den Lithium-Bergbau verursacht werden könnten. Diese Sorgen führten bereits vor zwei Jahren zu einem vorübergehenden Stopp des Projekts, der auf den Druck von Umweltschützern zurückzuführen war. Dennoch entschied die serbische Regierung im Juli dieses Jahres, das Projekt wieder aufzunehmen.

Zehntausende demonstrierten in Belgrad

Politische Spannungen und internationale Verflechtungen

Die Bedeutung des Projekts für die internationale Politik zeigt sich auch darin, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) persönlich nach Belgrad reiste, um am 19. Juli einer Absichtserklärung beizuwohnen, die von der serbischen Regierung und der EU-Kommission unterzeichnet wurde. Diese Vereinbarung soll sicherstellen, dass der Lithium-Abbau auf umweltverträgliche Weise erfolgt.

Die Beziehungen Serbiens zur Europäischen Union und zu Russland spielen in diesem Kontext eine wichtige Rolle. Serbien ist offiziell EU-Beitrittskandidat, jedoch pflegen Präsident Aleksandar Vucic und andere hochrangige Politiker des Landes enge Beziehungen zu Russland. Die EU und Deutschland hingegen sehen in dem Lithium-Abbau eine Möglichkeit, die Abhängigkeit von China, das den weltweiten Lithium-Markt dominiert, zu reduzieren.

Umweltbedenken und Bürgerproteste

Die Bedenken der Bevölkerung sind jedoch nicht unbegründet. Umweltschützer warnen vor den schwerwiegenden Folgen des Lithium-Bergbaus für die Natur und die Gesundheit der Menschen. Einer der Hauptkritikpunkte ist die Gefahr der Grundwasserverschmutzung durch Schwermetalle, die in den Abbauprozessen freigesetzt werden könnten. Dies könnte die Trinkwasserversorgung für die Anwohner erheblich beeinträchtigen.

Bei der Protestkundgebung in Belgrad äußerte die Schauspielerin Jelena Stupljanin die Sorgen vieler Serben: „Ist es Patriotismus, einem multinationalen Unternehmen zu helfen, oder ist wahrer Patriotismus der Kampf für saubere Luft, sauberes Land und Wasser, der uns alle in Serbien ernährt?“ Diese Worte fassen die zentrale Frage zusammen, die viele Menschen in Serbien beschäftigt: Ist der wirtschaftliche Nutzen des Lithium-Abbaus es wert, die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung aufs Spiel zu setzen?

Regierung unter Druck: Möglichkeit eines Referendums

Die serbische Regierung steht angesichts der massiven Proteste unter großem Druck. Präsident Vucic verurteilte zwar die Blockade der Bahnhöfe, zeigte sich jedoch auch gesprächsbereit. Er erklärte in einer Fernsehansprache: „Ich verstehe einfach nicht, warum die Menschen in diesem Land die Wirtschaft Serbiens zerstören wollten.“ Gleichzeitig deutete er an, dass es zu einem Referendum über das Lithium-Projekt kommen könnte. Dieses könnte entweder regional, also im Jadar-Tal, oder landesweit durchgeführt werden.

Internationale Implikationen

Die Ereignisse in Serbien haben nicht nur nationale, sondern auch internationale Implikationen. Der Druck auf die serbische Regierung durch die EU und Deutschland zeigt, wie wichtig der Zugang zu Rohstoffen wie Lithium für die europäische Industrie ist. Gleichzeitig werfen die Proteste und die Sorgen der serbischen Bevölkerung ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, die mit der Rohstoffgewinnung einhergehen – insbesondere in Bezug auf Umweltschutz und die Rechte der Anwohner.

In den kommenden Wochen und Monaten wird sich zeigen, ob die serbische Regierung auf die Proteste reagiert und möglicherweise ein Referendum abhält. Unabhängig vom Ausgang dieser politischen Auseinandersetzung bleibt jedoch klar, dass die Frage nach dem richtigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit ist – sowohl für Serbien als auch für Europa insgesamt.