Mit dem Inkrafttreten der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts setzt die Ampel-Regierung eine ihrer zentralen Reformen um. Diese Reform zielt darauf ab, Einbürgerungen zu beschleunigen und die doppelte Staatsbürgerschaft zu ermöglichen. Hier sind die wichtigsten Änderungen im Überblick:
Verkürzte Einbürgerungsfrist
Bisher mussten Menschen aus dem Ausland, die legal in Deutschland leben, in der Regel acht Jahre warten, bevor sie sich um die deutsche Staatsbürgerschaft bewerben konnten. Mit der neuen Regelung wird diese Frist auf fünf Jahre verkürzt. Bei „besonderen Integrationsleistungen“ kann die Einbürgerung sogar schon nach drei Jahren erfolgen. Zu diesen Leistungen zählen gute Sprachkenntnisse, ehrenamtliches Engagement oder sehr gute Leistungen in Schule oder Beruf.
Mehr zum Thema: Die Kontroverse um den Einbürgerungsgesetz-Entwurf der Ampel-Regierung: Experten äußern Kritik
Mehrstaatigkeit nun möglich
Eine der bedeutendsten Änderungen betrifft die doppelte Staatsbürgerschaft. Künftig wird es grundsätzlich möglich sein, zwei Pässe zu besitzen. Bislang mussten viele Ausländerinnen und Ausländer bei der Einbürgerung ihre bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben. Ausnahmen gab es bisher nur für Bürgerinnen und Bürger der EU und der Schweiz.
Deutsche Staatsangehörigkeit für Kinder
Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren werden, sollen künftig automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt. Diese Frist lag bisher bei acht Jahren. Diese Regelung ermöglicht es den in Deutschland geborenen Kindern, sowohl die deutsche Staatsangehörigkeit als auch die ihrer Eltern zu behalten.
Das könnte Sie auch interessieren: Verschärfung der Einbürgerungsgesetze in Frankreich: Auswirkungen und Diskussionen in Europa
Erleichterungen für die Gastarbeitergeneration
Ältere Migrantinnen und Migranten, die als Teil der Gastarbeitergeneration seit Jahrzehnten in Deutschland leben, profitieren von besonderen Erleichterungen. Diese Personengruppe muss keinen schriftlichen Deutsch-Test mehr ablegen, um eingebürgert zu werden. Auch der schriftliche Einbürgerungstest entfällt. Diese Maßnahmen würdigen die Lebensleistung der älteren Generation.
Anforderungen zum Lebensunterhalt
Eine Bedingung für die Einbürgerung ist, dass Migrantinnen und Migranten ihren eigenen Lebensunterhalt und den ihrer unterhaltsberechtigten Familienangehörigen in der Regel selbst bestreiten können. Für Gastarbeiter, die bis zum 30. Juni 1974 in die Bundesrepublik oder bis zum 2. Oktober 1990 bzw. bis zum 13. Juni 1990 als Vertragsarbeitnehmer in die DDR kamen, gelten jedoch Ausnahmen.
Lesen Sie auch: Sachsen-Anhalt verschärft Einbürgerungsregeln: Das Bekenntnis zu Israel als umstrittene Bedingung
Bekenntnis zum Grundgesetz
Ein unveränderter Bestandteil des Einbürgerungsprozesses bleibt das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes. Die Reform betont, dass „antisemitisch, rassistisch, gegen das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung gerichtete oder sonstige menschenverachtende Handlungen“ unvereinbar mit der Menschenwürde-Garantie des Grundgesetzes sind. Zudem wurde eine Passage hinzugefügt, die das Bekenntnis zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihren Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens, verlangt. Der Fragenkatalog des Einbürgerungstests wurde entsprechend erweitert.
Entzug der Staatsangehörigkeit
Die Einbürgerung kann innerhalb von zehn Jahren widerrufen werden, etwa bei arglistiger Täuschung oder unrichtigen Angaben. Zukünftig können auch falsche Erklärungen zum Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zur Rücknahme der Staatsangehörigkeit führen.
Statistische Daten und Auswirkungen
Laut Bundesinnenministerium leben derzeit etwa zwölf Millionen Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft in Deutschland, von denen etwa 5,3 Millionen seit mindestens zehn Jahren in der Bundesrepublik sind. Im Jahr 2022 haben sich 168.545 Menschen einbürgern lassen, 2023 waren es dann bereits mehr. Die Türkische Gemeinde in Deutschland rechnet infolge der Reform mit etwa 50.000 zusätzlichen Anträgen pro Jahr.
Stellungnahmen zur Reform
Bundesinnenministerin Nancy Faeser verteidigte die Reform und bezeichnete sie als „Schlüssel für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands“. Sie betonte, dass die Erleichterungen bei der Einbürgerung ein wichtiger Schritt seien, um Deutschland für qualifizierte Zuwanderer attraktiver zu machen und somit den Fachkräftemangel zu bekämpfen.
Diese umfassende Reform des Staatsangehörigkeitsrechts stellt einen bedeutenden Schritt in Richtung einer moderneren und inklusiveren Einwanderungspolitik dar. Sie zielt darauf ab, die Integration zu erleichtern und die vielfältige Gesellschaft Deutschlands zu stärken.