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Unerledigte Strafverfahren in Deutschland: Rekordhöhe

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Eine wachsende Herausforderung für die Justiz

Die deutschen Staatsanwaltschaften stehen vor einer immer größer werdenden Herausforderung: Die Anzahl der unerledigten Strafverfahren hat im letzten Jahr einen neuen Höchststand erreicht. Nach Informationen des Deutschen Richterbundes waren 2023 bundesweit 906.536 Verfahren offen, was einen Anstieg um 25% innerhalb von zwei Jahren bedeutet. Im Jahr 2021 lag die Zahl noch bei 727.021 Verfahren.

Regionale Unterschiede in der Justiz

Besonders stark ist der Anstieg der offenen Verfahren in Hamburg, wo die Zahl im Vergleich zu 2021 um 70% auf 39.000 angestiegen ist. Auch Bremen und Sachsen verzeichnen erhebliche Zuwächse von 51% bzw. 39%. Thüringen meldet ebenfalls einen Anstieg von 34% auf 28.322 unerledigte Fälle. Berlin hingegen zeigt mit einem Anstieg von lediglich 6% eine deutlich stabilere Situation.

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Einzig Sachsen-Anhalt verzeichnet einen Rückgang der offenen Verfahren, was auf die Abwicklung eines umfangreichen Ermittlungskomplexes mit zahlreichen Betrugsfällen im letzten Jahr zurückzuführen ist. Ende 2023 gab es dort 20.351 offene Fälle, ein Rückgang um fast 8% gegenüber 2021.

Ursachen der steigenden Verfahrenszahlen

Sven Rebehn, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, weist auf mehrere Ursachen für die zunehmende Belastung der Justiz hin. „Nicht nur die Menge an neuen Fällen ist gestiegen, sondern auch die Komplexität der Delikte“, erklärt Rebehn. Insbesondere die Verfahren wegen Hass und Hetze im Netz haben zugenommen, ebenso wie Straftaten nach dem Aufenthaltsgesetz und Fälle von Kinderpornografie.

2023 wurden den Staatsanwaltschaften bundesweit rund 5,4 Millionen neue Fälle übergeben, ein historischer Höchststand und ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den etwa 4,7 Millionen Neuzugängen zwei Jahre zuvor. „Eine personell ausgezehrte Strafjustiz kann mit der Entwicklung immer schlechter Schritt halten“, so Rebehn weiter.

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Folgen für die Rechtssprechung

Der stetige Anstieg der unerledigten Verfahren birgt erhebliche Risiken für das Rechtssystem. Die Verzögerungen können zu einer Beeinträchtigung des Rechts auf ein zügiges Verfahren führen, was die Rechtsicherheit und das Vertrauen in die Justiz untergräbt. Zudem besteht die Gefahr, dass durch die Überlastung der Justiz Fehler bei der Verfahrensabwicklung entstehen, die zu unrechtmäßigen Urteilen führen könnten.

Dringender Handlungsbedarf

Angesichts dieser Entwicklungen besteht dringender Handlungsbedarf. Es muss überlegt werden, wie die Justiz personell und strukturell gestärkt werden kann, um mit dem wachsenden Arbeitsaufkommen umzugehen und die Qualität der Rechtssprechung zu sichern. Ohne eine signifikante Verstärkung des Personals und eine Modernisierung der Arbeitsprozesse wird es schwierig sein, die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen.