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Absatzkrise bei Mercedes: Druck auf die Luxusmarke wächst

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Mercedes-Benz, einst ein Symbol für Luxus und Prestige, sieht sich aktuell mit einer ernsthaften Absatzkrise konfrontiert. Besonders betroffen sind die hochpreisigen Modelle wie die S-Klasse und der elektrische EQS, deren Verkaufszahlen drastisch zurückgegangen sind. Diese Entwicklung stellt nicht nur die Produktionsplanung des Unternehmens vor Herausforderungen, sondern wirft auch grundlegende Fragen zur aktuellen Strategie von Mercedes-Benz auf.

Deutlicher Rückgang der Verkaufszahlen im Premiumsegment

Im zweiten Quartal 2023 sind die Verkaufszahlen im Premiumsegment von Mercedes-Benz dramatisch eingebrochen. Fahrzeuge wie die S-Klasse, der EQS, der EQS SUV und der GLS verzeichneten einen Rückgang von fast 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Konkret wurden im Zeitraum von April bis Juni nur noch 33.400 Einheiten verkauft, während es im gleichen Zeitraum des Vorjahres noch 44.200 waren. Besonders auffällig ist der Einbruch in Europa, wo der Absatz der S-Klasse im ersten Halbjahr 2023 um fast 30 Prozent abgenommen hat.

Produktionsdrosselung in Sindelfingen

Als Reaktion auf die schwachen Verkaufszahlen hat Mercedes-Benz beschlossen, die Produktion in seinem hochmodernen Werk „Factory 56“ in Sindelfingen zu reduzieren. Ab dem vierten Quartal 2023 wird dort nur noch im Einschichtbetrieb gearbeitet. Dieses Werk, in dem unter anderem die S-Klasse und der EQS gefertigt werden, galt lange als Aushängeschild für Effizienz und Luxusproduktion. Doch die aktuelle Situation zwingt den Konzern dazu, die Produktion zurückzufahren, um auf die geringere Nachfrage zu reagieren.

Folgen für Zulieferer und Mitarbeiter

Die Drosselung der Produktion hat nicht nur Auswirkungen auf Mercedes-Benz selbst, sondern auch auf die zahlreichen Zulieferer des Unternehmens. Der Vertriebsleiter eines großen Zulieferers beschreibt die Situation als „katastrophal“, da die Auftragszahlen in den vergangenen Wochen stark zurückgegangen sind.

Für die festangestellten Mitarbeiter in Sindelfingen gibt es vorerst keine drastischen Veränderungen. Viele von ihnen werden in andere Bereiche des Werks versetzt, wo weiterhin in vollem Umfang produziert wird, zum Beispiel bei der E-Klasse und dem GLC. Unsicher ist jedoch die Zukunft der Leiharbeiter, deren Verträge möglicherweise nicht verlängert werden.

Herausforderungen auf dem chinesischen Markt

Besonders problematisch für Mercedes-Benz ist der Einbruch auf dem chinesischen Markt, der als größter Absatzmarkt für Luxusfahrzeuge gilt. Hier sank der Absatz im zweiten Quartal 2023 um 27 Prozent. Die anhaltende Unsicherheit auf dem chinesischen Immobilienmarkt hat dazu geführt, dass selbst wohlhabende Kunden zögern, größere Investitionen wie den Kauf eines Luxusautos zu tätigen. Mercedes-Chef Ola Källenius prognostiziert eine „Seitwärtsbewegung“ für den chinesischen Markt, was bedeutet, dass kurzfristig keine Verbesserung der Lage zu erwarten ist.

Kritische Stimmen zur Luxusstrategie

Die aktuelle Krise wirft auch ein Schlaglicht auf die umstrittene Luxusstrategie von Mercedes-Benz. In den letzten Jahren hat der Konzern seinen Fokus stark auf teurere Modelle gelegt und den Verkauf günstigerer Fahrzeuge vernachlässigt. Dies führte zu einem Anstieg der durchschnittlichen Verkaufspreise: Von 51.000 Euro im Jahr 2019 stieg der Durchschnittspreis auf 74.600 Euro im dritten Quartal 2023. Diese Strategie war in der Vergangenheit profitabel, da sie zu hohen Gewinnen führte, doch sie hat auch zahlreiche Kritiker auf den Plan gerufen.

Bereits im Juli 2022 hatten sich Mercedes-Verkäufer in einem offenen Brief an die Konzernleitung gewandt und die Preisstrategie als „gierig“ bezeichnet. Sie warnten davor, dass viele Kunden aufgrund der hohen Preise zu Konkurrenzmarken wie Audi oder BMW wechseln könnten. Diese Befürchtungen scheinen sich nun zu bestätigen, da die Verkaufszahlen von Mercedes-Benz sinken.

Ein weiteres Problem stellt die EQ-Reihe dar, die als zu teuer wahrgenommen wird, um erfolgreich am Markt bestehen zu können. Mercedes-Benz hat daraufhin eine neue Taktik entwickelt: Der Konzern gibt potenziellen Käufern nicht mehr den genauen Preis der Fahrzeuge bekannt, was auf eine gewisse Hilflosigkeit in der aktuellen Situation hinweist.

Zukunftsaussichten: Hoffen auf das Jahr 2025

Trotz der aktuellen Herausforderungen setzt Mercedes-Benz große Hoffnungen auf das Jahr 2025, wenn ein Facelift der S-Klasse auf den Markt kommen soll. Solche Modellüberarbeitungen haben in der Vergangenheit oft zu einem Anstieg der Verkaufszahlen geführt. Ob dies jedoch ausreicht, um die derzeitige Krise zu überwinden und den EQS sowie andere Modelle wieder auf Erfolgskurs zu bringen, bleibt abzuwarten.

Die derzeitige Lage zeigt jedoch deutlich, dass Mercedes-Benz möglicherweise eine grundlegende Überprüfung seiner Luxusstrategie vornehmen muss, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Die nächsten Jahre werden entscheidend dafür sein, ob sich das Unternehmen an die veränderten Marktbedingungen anpassen kann oder ob es weiter an Boden gegenüber der Konkurrenz verliert.