Die Europäische Zentralbank (EZB) hat angesichts einer schwächeren Konjunktur und erneuter Inflationssorgen die Leitzinsen im Euroraum gesenkt. Der Einlagenzins, den Banken für bei der EZB geparkte Gelder erhalten, wurde um 0,25 Prozentpunkte auf 3,0 Prozent reduziert. Auch der Hauptrefinanzierungssatz wurde entsprechend angepasst.
Warum senkt die EZB die Zinsen?
Die EZB steht vor der Herausforderung, eine schwächelnde Wirtschaft zu stützen, ohne die Preisstabilität zu gefährden. Im November stieg die Inflationsrate im Euroraum auf 2,3 Prozent, die Kerninflation (ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise) lag bei 2,7 Prozent. Gleichzeitig bereiten sinkende Wachstumsprognosen im Währungsraum Sorgen.
„Unser Ziel bleibt eine Inflation von 2,0 Prozent, um stabile Preise zu gewährleisten“, erklärte EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Durch die Zinssenkung will die EZB Investitionen anregen und die Wirtschaft stärken, nachdem die Wachstumsdynamik in vielen Mitgliedsstaaten nachgelassen hat.
Positive Effekte für Kredite
Die Zinssenkung bringt Erleichterung für Kreditnehmer. Unternehmen können Investitionen günstiger finanzieren, und auch Privatpersonen profitieren von niedrigeren Kreditkosten. Für Baufinanzierungen mit zehnjähriger Laufzeit liegen die Zinsen derzeit bei durchschnittlich 3,19 Prozent – deutlich weniger als noch vor einem Jahr.
Herausforderungen für Sparer
Für Sparer hingegen ist die Zinssenkung weniger erfreulich. Tagesgeldkonten bieten aktuell im Schnitt nur noch 1,62 Prozent Zinsen, der niedrigste Wert seit über einem Jahr. Auch Festgeldzinsen sind rückläufig und liegen bei zweijähriger Laufzeit bei durchschnittlich 2,34 Prozent.
Geopolitische Risiken verschärfen die Lage
Neben den internen wirtschaftlichen Herausforderungen sorgt die internationale Lage für zusätzliche Unsicherheiten. Der designierte US-Präsident Donald Trump hat hohe Zölle auf Importe aus Europa und China angekündigt. „Eine solche Zollspirale wäre ein Risiko für die Weltkonjunktur“, warnte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank.
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel schätzt, dass Strafzölle Deutschland bis zu ein Prozent der Wirtschaftsleistung kosten könnten. Zudem könnten höhere Importkosten die Inflation erneut ankurbeln.
Ausblick für die EZB-Politik
Die EZB steht vor einem schwierigen Balanceakt: Einerseits gilt es, die Konjunktur im Euroraum zu stabilisieren, andererseits darf die Inflation nicht außer Kontrolle geraten. Mit der aktuellen Zinssenkung sendet die EZB ein Signal, die Wirtschaft gezielt unterstützen zu wollen. Wie nachhaltig diese Maßnahmen wirken, bleibt jedoch abzuwarten.