30 Prozent mehr Firmenpleiten in den ersten sechs Monaten
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland hat in den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 einen drastischen Anstieg erlebt. Insgesamt wurden 11.000 Firmenpleiten verzeichnet, was einem Anstieg von rund 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Diese alarmierenden Zahlen wurden von der Wirtschaftsauskunftei Creditreform veröffentlicht und markieren den höchsten Stand seit dem Jahr 2016.
„Die Unternehmen kämpfen im ersten Halbjahr 2024 weiter gegen die Auswirkungen der Rezession im Jahr 2023, anhaltende Krisen und die kraftlose konjunkturelle Entwicklung in diesem Jahr“, erklärte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. „Das zusammengenommen breche zahlreichen Betrieben das Genick. Die Unternehmensstabilität in Deutschland ist derzeit so wacklig wie seit vielen Jahren nicht mehr.“
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Branchenübergreifender Anstieg der Insolvenzen
Die Insolvenzen zogen in allen Wirtschaftsbereichen deutlich an. Besonders stark betroffen ist die Dienstleistungsbranche, die mit 6.500 Pleiten einen Anstieg von fast 35 Prozent verzeichnete. Auch der Handel (+20,4 Prozent), das Baugewerbe (+27,5 Prozent) und das verarbeitende Gewerbe (+21,5 Prozent) melden erhebliche Zuwächse bei den Insolvenzen. Auffällig ist, dass vor allem größere Unternehmen überproportional betroffen sind und das Insolvenzgeschehen deutlich über dem Niveau der vergangenen Jahre liegt.
Verbraucherinsolvenzen steigen ebenfalls
Neben den Unternehmensinsolvenzen ist auch die Zahl der Verbraucherinsolvenzen gestiegen. Im ersten Halbjahr 2024 wurden 35.400 Verbraucherinsolvenzen gemeldet, was einem Anstieg von knapp sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Die Experten führen diesen Anstieg auf die hohe Inflation, die anhaltend hohen Zinsen und eine Novelle des Verbraucherinsolvenzrechts zurück. Diese Gesetzesänderung ermöglicht Privatpersonen eine schnellere Restschuldbefreiung.
Keine kurzfristige Verbesserung in Sicht
Creditreform erwartet keine kurzfristige Verbesserung der wirtschaftlichen Lage. „Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland dürfte 2024 aller Voraussicht nach schwach ausfallen. Zusammen mit den immer noch hohen Zinsen bleibt die Unternehmensfinanzierung eine echte Herausforderung“, so Hantzsch weiter. Er prognostiziert, dass die Insolvenzzahlen in diesem Jahr erstmals wieder das Niveau von vor der Pandemie übertreffen werden. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 gab es 18.000 Firmenpleiten, 2019 waren es 18.830.
Ursachen und Ausblick
Die Ursachen für den starken Anstieg der Insolvenzen sind vielfältig. Neben den direkten Folgen der Rezession und der konjunkturellen Schwäche belasten auch anhaltende Krisen und strukturelle Probleme die Unternehmen. Hohe Energiekosten, Lieferkettenprobleme und eine schwache Binnennachfrage tragen zusätzlich zur schwierigen Lage bei.
Für die Zukunft sehen die Prognosen düster aus. Eine nachhaltige Erholung scheint angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen unwahrscheinlich. Unternehmen müssen sich weiterhin auf schwierige Zeiten einstellen und innovative Lösungen finden, um ihre Existenz zu sichern. Die Politik ist gefordert, durch gezielte Maßnahmen die Rahmenbedingungen zu verbessern und die Unternehmen zu unterstützen.
Insgesamt zeichnet sich ein besorgniserregendes Bild der deutschen Wirtschaft ab, das nicht nur Unternehmen, sondern auch Privatpersonen betrifft. Die steigenden Insolvenzfälle spiegeln die tieferliegenden wirtschaftlichen Probleme wider und erfordern dringend umfassende und nachhaltige Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft.