Alarmierende Umfrageergebnisse der DIHK
Immer mehr deutsche Industrieunternehmen ziehen in Betracht, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Der Hauptgrund hierfür sind die im internationalen Vergleich hohen Energiepreise in Deutschland. Besonders betroffen sind größere Unternehmen und solche mit hohen Stromkosten.
Dramatische Steigerung der Abwanderungspläne
Laut der DIHK-Umfrage erwägen derzeit 37 Prozent der befragten Unternehmen, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern oder einzuschränken. Dieser Anteil ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren: 2023 lag der Wert noch bei 31 Prozent und 2022 bei lediglich 16 Prozent. Besonders ausgeprägt sind die Abwanderungstendenzen bei Industriebetrieben mit hohen Stromkosten (45 Prozent) sowie bei Unternehmen mit mindestens 500 Beschäftigten (51 Prozent).
Ursachen und Perspektiven
Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der DIHK, betont, dass die hohen Energiepreise in Deutschland ein erhebliches Risiko für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen darstellen. „Die Uhr tickt“, warnt Dercks und fügt hinzu, dass die De-Industrialisierung voranschreite. Die Energiekosten in den USA, Frankreich und China sind deutlich niedriger, was diese Länder zu attraktiveren Standorten für Investitionen mache.
Konsequenzen des Ukraine-Kriegs
Der russische Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 hat die Energiekosten weltweit in die Höhe getrieben. Zwar sind die Preise inzwischen wieder gesunken, bleiben jedoch im Vergleich zu anderen Ländern weiterhin hoch. Die deutsche Bundesregierung fördert den Umbau zu grünen Energien, doch Kritiker bemängeln den hohen bürokratischen Aufwand und die Einschränkungen der verfügbaren Ressourcen.
Gesamtmetall-Chef warnt vor De-Industrialisierung
Der Vorsitzende des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Stefan Wolf, warnt ebenfalls vor den Folgen der hohen Energiepreise. Er bezeichnet die De-Industrialisierung Deutschlands als „schwer nachzuweisen“, doch die zunehmenden Pläne zur Produktionsverlagerung und die tatsächlichen Verlagerungen seien ein klares Zeichen dafür, dass die energiepolitischen Bedingungen in Deutschland ein Wettbewerbsnachteil seien.
Bewältigung der Energiewende
Die DIHK-Umfrage zeigt, dass Unternehmen die Auswirkungen der Energiewende zunehmend negativ bewerten. Auf einer Skala von minus 100 bis plus 100 Punkten bewerten die befragten Firmen die aktuelle Lage mit minus 20 Punkten, dem zweitschlechtesten Wert seit Beginn der Erhebung im Jahr 2012. Dercks erklärt: „Während in den Jahren vor 2023 viele Unternehmen auch Chancen in der Energiewende für den eigenen Betrieb sahen, überwiegen zuletzt aus ihrer Sicht deutlich die Risiken.“
Eigenversorgung und Wasserstoff als Lösungen
Angesichts der hohen Energiepreise wird die Eigenversorgung für Unternehmen immer wichtiger. Viele Firmen setzen vermehrt auf Direktlieferverträge für Windenergie und den Zugang zu Wasserstoff. Diese Strategien könnten helfen, die Abhängigkeit von den volatilen Energiepreisen zu verringern und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.
Kritik an der Politik
Die DIHK kritisiert, dass es der Politik bisher nicht gelungen sei, den Unternehmen eine verlässliche und bezahlbare Energieversorgungsperspektive zu bieten. Dercks betont, dass die steigenden CO2-Preise in Deutschland zu höheren Energiekosten führen werden, anders als etwa in den USA. „Die Betriebe erkennen weiterhin deutlich mehr Risiken als Chancen für die eigene Wettbewerbsfähigkeit“, so Dercks.
Die Ergebnisse der DIHK-Umfrage sind ein Alarmzeichen für die deutsche Wirtschaft. Die hohen Energiepreise und die damit verbundenen Unsicherheiten gefährden die Wettbewerbsfähigkeit und könnten langfristig zu einer De-Industrialisierung führen. Es ist dringend erforderlich, dass die Politik Maßnahmen ergreift, um die Energiepreise zu stabilisieren und eine zuverlässige Versorgung zu gewährleisten. Nur so kann das Vertrauen der Unternehmen in den Standort Deutschland wiederhergestellt und Investitionen gesichert werden.