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Die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland verzeichnete im Juli einen deutlichen Anstieg

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Die Unternehmensinsolvenzen in Deutschland zeigen weiterhin einen starken Anstieg. Im Juli stellten nahezu 23,8 Prozent mehr Unternehmen einen Antrag auf Regelinsolvenzverfahren als im gleichen Monat des Vorjahres. Dies gab das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag anhand vorläufiger Daten bekannt

Der steigende Trend der letzten Monate hält an. Bereits im Juni verzeichnete man eine Zunahme von 13,9 Prozent. Zahlreiche Unternehmen kämpfen mit einer schwächelnden Konjunktur, steigenden Kosten, insbesondere bei Energie und Materialien, sowie mit höheren Kreditkosten aufgrund des Zinsanstiegs. Trotz dieser Entwicklung prognostizieren Experten jedoch keine massiven Insolvenzwelle.

Es ist offensichtlich, dass viele Unternehmen in Deutschland derzeit wirtschaftlich unter Druck stehen. Die Kombination aus Konjunkturflaute, erhöhten Kosten für essenzielle Ressourcen wie Energie und Materialien, sowie steigenden Kreditkosten infolge höherer Zinssätze macht vielen Firmen zu schaffen.

Trotz dieser Anzeichen und des wiederholten Anstiegs der Insolvenzzahlen in den letzten Monaten, prognostizieren Experten keinen drastischen Anstieg, der als Pleitewelle bezeichnet werden könnte.

Wichtig zu beachten ist hierbei, wie das Statistische Bundesamt erläutert hat, die Art und Weise, wie die Statistik erstellt wird. Regelinsolvenzverfahren werden erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts erfasst, was bedeutet, dass der eigentliche Insolvenzantrag oft bereits einige Monate zurückliegt.

Das könnte auch darauf hindeuten, dass einige der jüngsten Insolvenzanträge tatsächlich bereits im Frühjahr gestellt wurden, als vielleicht noch nicht alle aktuellen wirtschaftlichen Belastungen so spürbar waren wie jetzt.

Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Trends in den kommenden Monaten entwickeln werden

Diese Daten verdeutlichen eine differenzierte Landschaft der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland:

  • Allgemeine Trends: Während die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Mai deutlich angestiegen ist (19 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat), zeigt sich bei den Verbraucherinsolvenzen ein entgegengesetzter Trend. Hier gibt es einen Rückgang um 3,7 Prozent. Das legt nahe, dass die finanzielle Belastung eher bei Unternehmen als bei Einzelpersonen zu spüren ist.
  • Gesamte Forderungen: Ein besonders auffälliger Anstieg ist bei den Forderungen der Gläubiger zu verzeichnen. Diese sind im Gegensatz zum Vorjahr, eine doppelt so hoch. Das könnte auf größere oder finanziell umfangreichere Unternehmen hindeuten, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind.
  • Branchenspezifische Insolvenzen: Interessant sind auch die branchenspezifischen Daten. Insbesondere die Branche „Verkehr und Lagerei“ steht mit 8,7 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen an vorderster Front. Das könnte ein Indikator für Schwierigkeiten in der Logistik- und Transportbranche sein, möglicherweise durch erhöhte Treibstoffpreise oder durch pandemiebedingte Lieferkettenunterbrechungen. Die hohe Insolvenzrate bei „sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen“, z. B. Zeitarbeitsfirmen, könnte auch auf wirtschaftliche Schwierigkeiten in Sektoren hindeuten, die auf flexible Arbeitskräfte angewiesen sind.
  • Energieversorgung: Positiv hervorzuheben ist die geringe Insolvenzrate im Bereich der Energieversorgung. Das könnte auf stabile Geschäftsmodelle, langfristige Verträge oder staatliche Unterstützung in diesem Sektor hindeuten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die wirtschaftliche Landschaft in Deutschland komplex ist und einige Branchen stärker von finanziellen Schwierigkeiten betroffen sind als andere. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Trends in den kommenden Monaten entwickeln werden, insbesondere angesichts der sich ständig ändernden wirtschaftlichen Bedingungen weltweit.

Nach der Pandemie

Während der Corona-Pandemie setzte die Bundesregierung die Pflicht zur Insolvenzanmeldung vorübergehend aus, um eine Pleitewelle zu verhindern. Dies, zusammen mit umfangreichen staatlichen Hilfsmaßnahmen, sorgte dafür, dass die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen in den letzten Jahren trotz der Pandemie und der Energiekrise niedrig blieb.

Seit August 2022 steigt die Zahl der Firmeninsolvenzen jedoch stetig. Experten hatten für dieses Jahr einen Anstieg prognostiziert.

Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) stellte bereits am Donnerstag hohe Insolvenzzahlen für Juli fest, die den durchschnittlichen Werten für diesen Monat überstiegen. Allein bei den obersten zehn Prozent der Unternehmen waren aufgrund von Insolvenzen etwa 9300 Arbeitsstellen, hauptsächlich in der Industrie und im Handel, betroffen.

Laut früheren Angaben des Kreditversicherers Allianz Trade wird in diesem Jahr ein deutlicher Anstieg der Unternehmenspleiten um 22 Prozent erwartet. Aufgrund der Unruhen im Bankensektor im Frühjahr sind Banken vorsichtiger bei der Kreditvergabe geworden.

Trotzdem sieht auch Allianz Trade keine Welle von Pleiten voraus. Die Insolvenzzahlen dürften voraussichtlich fünf Prozent unter den Werten von 2019, dem Jahr vor der Pandemie, liegen.