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US-Justizministerium erwägt Anklage gegen Boeing

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US-Staatsanwälte haben dem Justizministerium (DoJ) nahegelegt, strafrechtliche Anklage gegen Boeing zu erheben. Diese Empfehlung folgt auf den Vorwurf des DoJ, dass Boeing gegen eine Vereinbarung im Zusammenhang mit zwei tödlichen Abstürzen seiner 737-Max-Flugzeuge verstoßen habe. Die Abstürze, bei denen insgesamt 346 Menschen ums Leben kamen, ereigneten sich innerhalb eines halben Jahres: Der erste Unfall betraf eine Maschine der indonesischen Lion Air im Oktober 2018, der zweite einen Flug der Ethiopian Airlines im März 2019.

Deferred Prosecution Agreement und angeblicher Verstoß

Im Jahr 2021 einigte sich Boeing auf eine Zahlung von 2,5 Milliarden US-Dollar im Rahmen eines Deferred Prosecution Agreements (DPA). Dieses Abkommen sieht vor, dass eine strafrechtliche Anklage nach drei Jahren fallengelassen wird, sofern Boeing bestimmte Auflagen erfüllt. Das DoJ behauptet nun jedoch, dass Boeing gegen diese Vereinbarung verstoßen habe, indem es versäumt habe, ein Compliance- und Ethikprogramm zur Verhinderung und Aufdeckung von Verstößen gegen US-Betrugsgesetze in seinen Betrieben zu entwickeln, umzusetzen und durchzusetzen.

Quelle: Google Finanzen

Forderungen der Opferfamilien

In der vergangenen Woche forderten Angehörige der Absturzopfer, dass Boeing mit einer Rekordstrafe von 25 Milliarden US-Dollar belegt und strafrechtlich verfolgt wird. Sie argumentieren, dass Boeing für seine Fahrlässigkeit zur Rechenschaft gezogen werden muss. Ed Pierson, ehemaliger leitender Manager bei Boeing und derzeit geschäftsführender Direktor der Foundation for Aviation Safety, betonte: „Es gibt Probleme mit diesen Flugzeugen. Wir sehen Probleme mit den 737 Max, 787 und dies spiegelt die Führung wider.“

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Kritik an Boeing und Aussagen von Whistleblowern

Während einer Anhörung vor dem US-Senat in diesem Monat wurde Boeing-CEO Dave Calhoun scharf kritisiert. Senatorin Maggie Hassan warf Boeing vor, eine Kultur zu fördern, die Menschen zum Schweigen bringt, die Missstände aufdecken wollen. Senator Richard Blumenthal hob hervor, dass die von Boeing für dieses Jahr angekündigten Änderungen denen ähneln, die das Unternehmen bereits 2015 nach einer Einigung mit den Bundesluftfahrtbehörden versprochen hatte.

Vorwürfe der Whistleblower

Whistleblower innerhalb des Unternehmens haben wiederholt auf schwerwiegende Produktionsprobleme hingewiesen. Im April berichteten sie dem Senat, dass die Modelle 737 Max, 787 Dreamliner und 777 ernsthafte Produktionsmängel aufwiesen. Ein Vorfall im Januar, bei dem während eines Alaska Airlines-Fluges eine Türverkleidung einer neuen 737 Max abfiel und ein großes Loch hinterließ, brachte Boeing erneut in die Schlagzeilen.

Wechsel in der Unternehmensführung

Dave Calhoun, der nach den Abstürzen 2019 die Position des CEO von Dennis Muilenburg übernommen hatte, wird Ende 2024 zurücktreten. Seine Amtszeit war von anhaltenden Sicherheitsproblemen und Kritik an der Unternehmensführung geprägt. Calhoun wird jedoch weiterhin im Vorstand von Boeing bleiben und ein Gehaltspaket von 33 Millionen US-Dollar erhalten. Ed Pierson bezeichnete die Führungswechsel bei Boeing als „oberflächlich“ und betonte, dass Calhoun bereits seit einem Jahrzehnt im Unternehmen sei, als er zum CEO ernannt wurde.

Ausblick und Entscheidung des DoJ

Das DoJ hat bis zum 7. Juli Zeit, eine endgültige Entscheidung über eine Strafverfolgung zu treffen. Eine solche Anklage könnte erhebliche rechtliche und finanzielle Folgen für Boeing haben. Der Ausgang dieser Entscheidung wird nicht nur von den Opfern und ihren Angehörigen, sondern auch von der gesamten Luftfahrtbranche mit Spannung erwartet.

Die anstehenden Entscheidungen und Maßnahmen werden zeigen, ob Boeing die notwendigen Schritte unternimmt, um das Vertrauen in seine Flugzeuge und seine Unternehmenskultur wiederherzustellen. Die kommenden Wochen könnten für die Zukunft des Unternehmens entscheidend sein.