Bauindustrie rechnet mit Abbau von 10.000 Jobs
Die Bauindustrie in Deutschland steht vor erheblichen Herausforderungen. Hohe Zinsen, globale Unsicherheiten und drastisch gestiegene Kosten belasten die Branche schwer. Der Wohnungsbau, ein wesentlicher Bereich der Bauwirtschaft, verzeichnet dabei die stärksten Einbußen.
Pessimistische Prognosen für 2024
Der Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB), Peter Hübner, zeichnete ein düsteres Bild der wirtschaftlichen Lage. „Wir befinden uns im vierten Jahr der baukonjunkturellen Schwäche“, betonte Hübner. Für das Jahr 2024 erwartet die Bauindustrie nun einen Umsatzrückgang von vier Prozent und den Abbau von etwa 10.000 Arbeitsplätzen. Ursprünglich war man mit einer Umsatzprognose von minus 3,5 Prozent ins Jahr gestartet.
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Öffentlicher Bau schwächelt ebenfalls
Ein weiterer Grund für den wachsenden Pessimismus in der Branche ist der unerwartete Rückgang im öffentlichen Bau. Laut Hübner rechnet man hier nun mit einem Minus von 0,5 Prozent, nachdem man zunächst ein leichtes Wachstum erwartet hatte. Diese Entwicklung ist teilweise auf die kürzlich revidierten Steuereinnahmen und die damit verbundenen Investitionskürzungen zurückzuführen.
Drastischer Rückgang im Wohnungsbau
Besonders stark betroffen ist der Wohnungsbau. In diesem Segment werden die Umsätze, bereinigt um steigende Preise, voraussichtlich um zwölf Prozent zurückgehen. Hübner machte deutlich, dass der Mix aus steigenden Zinsen, globaler Unsicherheit und erheblich höheren Baukosten vor allem den Wohnungsbau hart getroffen hat.
Wirtschaftsbau als einziger Wachstumsbereich
Einziger Lichtblick ist der Wirtschaftsbau, der laut Prognose des HDB ein Umsatzplus von 1,5 Prozent verzeichnen wird. Dieser Anstieg ist auf Großaufträge der Deutschen Bahn, der Stromnetzbetreiber und des öffentlichen Personennahverkehrs zurückzuführen.
Bedeutung der Baubranche für die Volkswirtschaft
Ein Gutachten, das der HDB in Auftrag gegeben hat, unterstreicht die große Bedeutung der Bauwirtschaft für die gesamte Volkswirtschaft. Laut dem arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) lag der direkte Anteil der Bauwirtschaft an der Bruttowertschöpfung im Jahr 2019 bei 5,2 Prozent. Seit dem Höchststand 2021 ist die Wertschöpfung des Baugewerbes jedoch bis Ende 2023 real um 15 Prozent gesunken.
Dringender Bedarf an neuen Wohnungen
Das IW schätzt, dass in den nächsten Jahren jährlich 350.000 neue Wohneinheiten benötigt werden. „2024 könnte die Zahl der Fertigstellungen aber auf unter 250.000 Einheiten sinken“, warnte das Institut. In den Jahren 2022 und 2023 wurden jeweils rund 295.000 Wohneinheiten fertiggestellt. Um den Bedarf zu decken, müssten die Investitionen in den Wohnungsneubau real um rund 20 Milliarden Euro pro Jahr steigen.
Vorschläge zur Verbesserung der Situation
Das IW plädierte dafür, die Regulierungen am Bau zu lockern und so die Produktivität der Branche zu steigern. Ein Beispiel dafür ist das serielle Bauen, das durch standardisierte Bauprozesse die Effizienz erheblich erhöhen könnte.
Die deutsche Bauindustrie steht vor großen Herausforderungen. Der Wohnungsbau, einst ein stabiler Bereich, ist nun stark rückläufig. Hohe Zinsen, globale Unsicherheiten und gestiegene Kosten verschärfen die Situation. Während der Wirtschaftsbau noch ein gewisses Wachstum zeigt, wird im öffentlichen Bau und Wohnungsbau ein deutlicher Rückgang erwartet. Die Branche muss innovative Wege finden, um diese Krise zu überwinden und die dringend benötigten Wohnungen zu bauen.