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EU beschließt historisches Renaturierungsgesetz

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Ein Meilenstein für die Umwelt

Nach monatelangen Verhandlungen und heftigen Auseinandersetzungen hat die EU am Montagmorgen das sogenannte Renaturierungsgesetz verabschiedet. Dieses Gesetz, das als das bedeutendste Umweltgesetz der letzten Jahrzehnte gilt, wurde nach einem entscheidenden Kurswechsel Österreichs im Rat der EU-Umweltminister bestätigt. Doch was steckt genau hinter diesem Gesetz und warum war es so umkämpft?

Die Notwendigkeit des Renaturierungsgesetzes

Die Europäische Kommission hatte das Renaturierungsgesetz vor fast zwei Jahren vorgeschlagen. Hintergrund dieser Initiative ist der alarmierende Zustand der Umwelt in der Europäischen Union. Laut offiziellen Angaben sind rund 80 Prozent der Lebensräume in der EU in einem schlechten Zustand. Besonders besorgniserregend ist, dass 10 Prozent der Bienen- und Schmetterlingsarten vom Aussterben bedroht sind und 70 Prozent der Böden in einer schlechten Verfassung sind.

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Ziele des Gesetzes

Mit dem neuen Gesetz verpflichtet sich die EU, die fortschreitende Umweltzerstörung in den Mitgliedstaaten umzukehren. Konkret sollen bis 2030 mindestens 20 Prozent der geschädigten Land- und Meeresflächen wiederhergestellt werden. Bis 2050 sollen alle bedrohten Ökosysteme revitalisiert sein. Dazu zählen nicht nur landwirtschaftliche Flächen, Wälder und Meeresgebiete, sondern auch Süßwasser- und städtische Ökosysteme.

Der schwierige Weg zur Zustimmung

Die Zustimmung der 27 EU-Länder zu diesem Gesetz galt ursprünglich als Formalie. Eine für März geplante Abstimmung scheiterte jedoch, weil die notwendige Mehrheit aufgrund eines Positionswechsels Ungarns nicht zustande kam. Die Verhältnisse im Rat der Mitgliedstaaten waren äußerst knapp. Neben Ungarn sprachen sich auch Italien, die Niederlande und Schweden gegen das Gesetz aus. Belgien, Polen und Finnland wollten sich enthalten, was faktisch einer Gegenstimme gleichkommt. Für die qualifizierte Mehrheit fehlte somit ein Land, bis Österreich schließlich seine Position änderte und dem Gesetz zustimmte.

Österreichs entscheidender Beitrag

In Österreich hatte die Bundesregierung, insbesondere die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler, das Gesetz unterstützt. Doch die Bundesländer blockierten die Zustimmung auf nationaler Ebene. Letztlich signalisierte jedoch Wien Bewegung, was Gewessler dazu veranlasste, sich „intensiv“ mit Juristinnen und Juristen zu beraten. Sie kam zu dem Schluss, dass sie auf EU-Ebene zustimmen könne, obwohl Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) noch am Sonntagabend versucht hatte, das Votum zu verhindern.

Kontroversen und Widerstand

Das Renaturierungsgesetz stieß auf heftigen Widerstand, vor allem von Seiten der Christdemokraten und Bauernverbände, die strenge Auflagen für Landwirte befürchteten. Diese befürchteten negative Auswirkungen auf die Lebensmittelproduktion. Um diesen Bedenken zu begegnen, wurde das Gesetz im Verhandlungsprozess abgeschwächt. Ein wichtiger Punkt des Kompromisses ist, dass in Notsituationen die Renaturierung bei landwirtschaftlichen Ökosystemen ausgesetzt werden kann, um die Ernährungssicherheit nicht zu gefährden.

Die Bedeutung des Gesetzes

Für viele Wissenschaftler, Unternehmer und Umweltschützer ist das Renaturierungsgesetz ein bedeutender Meilenstein. Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, erklärte: „Der Krimi um das Nature Restoration Law hat endlich ein gutes Ende gefunden. Dieses Gesetz ist ein zentraler Bestandteil des Green Deal und ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Natur- und Artenkrise.“

Das Gesetz sieht vor, dass die Mitgliedstaaten bis 2030 mindestens 20 Prozent der geschädigten Lebensräume an Land und im Wasser renaturieren müssen. Bis 2040 sollen es 60 Prozent und bis 2050 sogar 90 Prozent sein. Alte Wälder sollen erhalten, Flüsse renaturiert und Moore wiedervernässt werden. Auch das Artensterben von bestäubenden Insekten soll bis spätestens 2030 umgekehrt werden.

Umsetzung und Ziele

Jeder Mitgliedstaat muss der EU-Kommission regelmäßig nationale Sanierungspläne vorlegen. Die Umsetzung der EU-Ziele obliegt dabei den Ländern selbst. Das Renaturierungsgesetz zielt darauf ab, mehr CO2 in natürlichen Senken zu speichern und Extremwetter-Ereignisse zu mildern. Dies trägt nicht nur zum Schutz der Natur bei, sondern stärkt auch die Wirtschaft und Landwirtschaft in Europa.

Das EU-Renaturierungsgesetz markiert einen bedeutenden Schritt im Umweltschutz. Trotz heftiger Kontroversen und Widerstände konnte eine Einigung erzielt werden, die den Grundstein für eine nachhaltigere Zukunft legt. Mit ambitionierten Zielen und verbindlichen Maßnahmen zeigt die EU, dass sie ihre internationalen Verpflichtungen ernst nimmt und aktiv gegen die Natur- und Artenkrise vorgeht.