Kipppunkt des Klimas: Eine drohende Eiszeit für Europa?

Die jüngsten Forschungsergebnisse aus den Niederlanden werfen ein düsteres Licht auf die Zukunft Europas: Eine mögliche Eiszeit steht bevor, ausgelöst durch drastische Veränderungen im Golfstrom. Dieses Szenario, von einem Supercomputer berechnet, könnte schneller eintreten als bisher angenommen. Doch wie kam es zu dieser alarmierenden Vorhersage und was bedeutet sie für Europa und die Welt?

Der Golfstrom als Europas Wärmepumpe

Der Golfstrom, Teil der Atlantischen Umwälzzirkulation, ist für das milde Klima in Europa verantwortlich. Er transportiert warmes Wasser aus den Tropen in Richtung des europäischen Kontinents. Doch diese natürliche Wärmepumpe ist in Gefahr. Die globale Erwärmung führt dazu, dass das Eis am Nordpol schmilzt und Süßwasser in den Atlantik fließt. Dieses Süßwasser verdünnt das salzige Meerwasser, was die Dichte und somit den Antrieb der Strömung verringert. Aktuelle Studien zeigen, dass dieser Prozess bereits zu einer signifikanten Abschwächung der Strömung geführt hat.

Der Kipppunkt naht

Forscher:innen der Universität Utrecht unter der Leitung von René van Westen haben mithilfe modernster Klimamodelle einen bevorstehenden Kipppunkt in der Atlantischen Umwälzzirkulation identifiziert. Ihre Studie, veröffentlicht in „Science Advances“, deutet darauf hin, dass diese Veränderungen schneller voranschreiten als erwartet. Während frühere Annahmen von einem Kipppunkt um das Jahr 2050 sprachen, legen die neuen Berechnungen nahe, dass die entscheidenden Veränderungen im Klimasystem Europas bereits im Jahr 2025 eintreten könnten. Die Folge wäre ein drastischer Temperatursturz um bis zu 30 Grad.

Kritische Stimmen und Bestätigungen

Die Studie stieß nicht nur auf Zustimmung. Kritiker wie Niklas Boers bemängeln vereinfachende Annahmen in der statistischen Analyse. Doch die Abschwächung der Atlantischen Umwälzzirkulation ist unbestritten. Empirische Untersuchungen belegen eine Verlangsamung um 15 Prozent seit 1950. Dies ist der schwächste Zustand seit mindestens einem Jahrtausend.

Klimaexperte Stefan Rahmstorf sieht in den Ergebnissen einen „bedeutenden Fortschritt“. Er betont, dass die Studie aufzeigt, wie der Atlantik „auf Kippkurs“ geht. Die Frage nach dem genauen Zeitpunkt des Kipppunktes bleibt jedoch unbeantwortet. Ein Frühwarnsignal ist die Veränderung des Salzgehalts im Südatlantik, die auf eine baldige Destabilisierung hindeuten könnte.

Die globalen Auswirkungen eines Kollapses

Sollte der Golfstrom zusammenbrechen, hätte dies nicht nur für Europa, sondern weltweit gravierende Folgen. In Europa könnte es zu einem dramatischen Temperatursturz kommen, der das Klima um fünf bis 15 Grad abkühlen lässt. Dies würde die Anpassungsstrategien an den Klimawandel vollständig in Frage stellen. Auch global würden sich Windsysteme und Niederschlagsmuster verändern, was unter anderem das Ökosystem des Amazonasregenwaldes gefährden könnte.

Eine Warnung, die ernst genommen werden muss

Die Studie der niederländischen Forschenden ist ein Weckruf. Sie zeigt, wie nah wir einem möglichen Kipppunkt stehen, der drastische und potenziell irreversible Veränderungen in unserem Klimasystem auslösen könnte. Während die Vorhersagen Unsicherheiten bergen und nicht alle Wissenschaftler:innen die Ergebnisse uneingeschränkt teilen, ist die Botschaft klar: Die Zeit zu handeln ist jetzt. Die Stabilität unseres Klimasystems hängt von den Entscheidungen ab, die wir heute treffen.