Die deutsche Industrie schlägt Alarm: Ihre Wettbewerbsfähigkeit hat sich laut einer aktuellen Untersuchung des Ifo-Instituts in den letzten zwei Jahren so stark verschlechtert wie nie zuvor. „Seit Beginn der Erhebung im Jahr 1994 haben wir eine derart negative Entwicklung nicht beobachtet“, erklärte Ifo-Forscher Stefan Sauer. Besonders betroffen sind energieintensive Branchen, die unter hohen Kosten und strukturellen Defiziten leiden.
Schlechte Position im internationalen Vergleich
Im EU-Vergleich rangiert Deutschland bei der Einschätzung der Wettbewerbsfähigkeit weit unten – gemeinsam mit Belgien, Österreich und Finnland. Dagegen bewerten Industrieunternehmen in Italien und Frankreich ihre Lage deutlich positiver und über dem EU-Durchschnitt. Die Entwicklung zeigt, dass der Standort Deutschland zunehmend an Attraktivität verliert, was weitreichende Folgen für die exportorientierte Wirtschaft hat.
Ursachen: Energiepreise, Bürokratie und Fachkräftemangel
Die hohen Energiepreise stehen laut den befragten Unternehmen an erster Stelle der Herausforderungen. Besonders energieintensive Branchen leiden unter der Preisentwicklung, die ihre Produktion deutlich verteuert. „Die Belastung durch Energiepreise und Bürokratieaufwand ist in Deutschland besonders hoch“, so Sauer.
Neben den Energiekosten kritisieren die Betriebe den enormen Bürokratieaufwand, steigende Kosten für Vorprodukte und steuerliche Belastungen. Hinzu kommen strukturelle Probleme wie der anhaltende Fachkräftemangel, der nicht nur die Produktivität hemmt, sondern auch die Innovationskraft der Industrie schwächt. „Diese Faktoren verursachen in Deutschland höhere Produktionskosten als in vielen anderen Ländern“, heißt es in der Analyse des Ifo-Instituts.
Energieintensive Branchen besonders betroffen
Die Situation in den energieintensiven Industriezweigen verdeutlicht den Ernst der Lage. Steigende Energiepreise und der zunehmende Wettbewerb auf Auslandsmärkten erschweren die Position dieser Sektoren. „Die Bewertung der Wettbewerbsposition fällt bei Auslandsmärkten besonders negativ aus“, betonte Sauer. Unternehmen müssen hier nicht nur mit globalen Marktpreisen konkurrieren, sondern auch mit günstigeren Produktionsbedingungen in anderen Ländern.
Forderungen nach Reformen
Um die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen, fordern Experten gezielte politische Maßnahmen. Dazu gehören die Senkung der Energiepreise, der Abbau bürokratischer Hürden und eine steuerliche Entlastung für Unternehmen. Ebenso wichtig ist die Bekämpfung des Fachkräftemangels, etwa durch eine gezielte Förderung von Aus- und Weiterbildungsprogrammen sowie die Erleichterung der Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte.
Die Ergebnisse des Ifo-Berichts verdeutlichen, dass Deutschland dringenden Reformbedarf hat. Ohne konsequente Gegenmaßnahmen droht die deutsche Industrie, weiter an internationaler Bedeutung zu verlieren. „Es muss gehandelt werden, und zwar schnell, um die Wettbewerbsfähigkeit und damit den Wohlstand des Standorts Deutschland zu sichern“, so die Experten.