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Ampel plant Ende der Staatsleistungen für Kirchen

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Die Ampelkoalition strebt eine historische Änderung an: Die jahrhundertelangen Staatsleistungen an die Kirchen sollen beendet werden. Die evangelische und die katholische Kirche erhalten derzeit jährlich hunderte Millionen Euro vom Staat – Zahlungen, deren Ursprung mehr als 200 Jahre zurückliegt.

Hintergründe der Staatsleistungen

Die Zahlungen gehen auf den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 zurück. Damals wurden Fürsten, die durch die Eroberungen Napoleons Gebiete verloren hatten, entschädigt. Die Entschädigung erfolgte durch die Enteignung von Kirchengütern und die Verpflichtung der neuen Besitzer, regelmäßige Zahlungen an die Kirchen zu leisten. Diese Praxis wurde später von den deutschen Ländern übernommen und fand Eingang in die Weimarer Verfassung und nach dem Zweiten Weltkrieg auch ins Grundgesetz. Ein erklärtes Ziel war es stets, diese Leistungen abzulösen – was jedoch bisher nicht geschah.

Finanzielle Dimensionen

Laut dem Domradio erhielten die 27 katholischen Bistümer und 20 evangelischen Landeskirchen im Jahr 2023 insgesamt rund 638 Millionen Euro an Staatsleistungen. Davon entfielen 60 Prozent auf die evangelischen Landeskirchen. Seit der Wiedervereinigung erhalten auch die Kirchen in Ostdeutschland wieder solche Zahlungen, die dort oft essentiell für die Bezahlung von Gehältern kleiner Gemeinden sind.

Positionen innerhalb der Ampelkoalition

Vertreter der Ampelkoalition sind sich einig, dass es an der Zeit ist, diese Zahlungen zu beenden. Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, betonte: „Es ist und bleibt im Interesse aller Beteiligten, der Länder wie auch der Kirchen, den Verfassungsauftrag nach weit über 100 Jahren endlich zu erfüllen.“ Lars Castellucci, der Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften der SPD-Fraktion, ergänzte: „Auch angesichts der Kirchenaustritte können die Staatsleistungen auf lange Sicht immer weniger gerechtfertigt werden.“ Die religionspolitische Sprecherin der FDP, Sandra Bubendorfer-Licht, sieht in einer baldigen Ablösung eine mittelfristig günstigere Lösung als in der Fortsetzung der Zahlungen.

Herausforderungen und Uneinigkeiten

Die Ablösung der Staatsleistungen bedeutet nicht das sofortige Ende aller Zahlungen, sondern eine Umstellung auf Ausgleichszahlungen. Über die genaue Summe und Form dieser Ausgleichszahlungen herrscht jedoch Uneinigkeit. Experten verweisen darauf, dass die Kirchen bereits in ausreichendem Maße kompensiert wurden. Ein Gutachten aus der letzten Legislaturperiode kam ebenfalls zu diesem Schluss.

Der Bund muss die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen, doch die Verhandlungen über die konkreten Bedingungen obliegen den Ländern, da diese für die Zahlungen verantwortlich sind. Bisher scheiterten entsprechende Anträge immer wieder an diesen Uneinigkeiten.

Nicht betroffene Bereiche

Wichtig ist, dass die Kirchensteuer von der Debatte um die Staatsleistungen nicht betroffen ist. Diese ist ebenfalls im Grundgesetz verankert und macht einen erheblich größeren Teil der Kirchenfinanzen aus. Im Jahr 2022 nahmen die Kirchen durch die Kirchensteuer rund 13 Milliarden Euro ein, davon 6,8 Milliarden Euro die katholische und 6,1 Milliarden Euro die evangelische Kirche.

Auch staatliche Subventionen für kirchliche Träger, die öffentliche Aufgaben wie den Betrieb von Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern und Pflegeheimen übernehmen, bleiben unberührt.

Die geplante Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen durch die Ampelkoalition ist ein bedeutender Schritt in Richtung einer Trennung von Staat und Kirche in finanzieller Hinsicht. Während der genaue Weg und die Ausgestaltung dieser Ablösung noch verhandelt werden müssen, ist das erklärte Ziel klar: Eine moderne, an aktuelle Gegebenheiten angepasste Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen Staat und Kirchen.