Der öffentliche Schienenverkehr in Deutschland wird erneut von einer Arbeitsniederlegung erschüttert, da die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ihre Mitglieder zu einem erneuten Warnstreik bei der Deutschen Bahn aufgerufen hat. Dieser Streik, der von Donnerstagabend um 22.00 Uhr bis Freitagabend um 22.00 Uhr dauern wird, wird voraussichtlich zu zahlreichen Zugausfällen im gesamten Land führen.
Eskalation des Tarifstreits
Der Tarifstreit zwischen der GDL und der Deutschen Bahn hat sich in raschem Tempo verschärft und führte zu dieser erneuten Arbeitsniederlegung, die nicht nur die Deutsche Bahn betrifft, sondern auch andere Eisenbahnunternehmen wie den Transdev-Konzern, die Bayerische Oberlandbahn und die NordWestBahn. Selbst die S-Bahnen in Berlin und Hamburg werden von diesem Streik beeinträchtigt sein. Im Güterverkehr wird der Streik bereits um 18.00 Uhr am Donnerstagabend beginnen.
Eine der zentralen Forderungen der GDL in diesem Tarifstreit ist die Verkürzung der Arbeitszeit für Schichtarbeiter. Claus Weselsky, der Vorsitzende der GDL, erklärte im November die Tarifverhandlungen für gescheitert, da die Bahn in diesem Punkt keine Bereitschaft zur Verhandlung zeigte.
Kurze Verhandlungen, rasche Eskalation
Die Tarifverhandlungen zwischen der GDL und der Bahn dauerten nur vier Wochen und waren von Anfang an von harter Gangart geprägt. Bereits vor der ersten Verhandlungsrunde hatte GDL-Chef Claus Weselsky wiederholt mit Warnstreiks gedroht. Eine Woche nach dem Start der Verhandlungen setzte er diese Drohung um. Bereits nach der zweiten Verhandlungsrunde erklärte er, dass die Tarifrunde gescheitert sei.
Martin Seiler, Personalvorstand der Bahn, äußerte sich besorgt über den Zeitpunkt des Streiks: „Die Lokführergewerkschaft verdirbt Millionen unbeteiligten Menschen das zweite Adventswochenende. Ein Streik so kurz nach dem Einsetzen des Winters und unmittelbar vor dem Fahrplanwechsel wird als verantwortungslos und egoistisch betrachtet. Anstatt in Verhandlungen einzutreten und die Realität anzuerkennen, legt die Lokführergewerkschaft die Arbeit nieder und verfolgt Forderungen, die als unrealistisch angesehen werden. Das ist absolut unnötig.“
Ignorieren des Beamtenbundes
Mit dem erneuten Streikaufruf ignoriert die GDL offensichtlich den Appell des Beamtenbundes (dbb), sich hinsichtlich der Verhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder abzustimmen. Ulrich Silberbach, Vorsitzender des Deutschen Beamtenbunds, bezeichnete dies als „inakzeptabel“, da die GDL Mitglied des dbb ist. Die Verhandlungen für den öffentlichen Dienst sind für Donnerstag und Freitag in Potsdam anberaumt.
Forderungen der GDL
Die GDL fordert in ihrem neuen Tarifvertrag unter anderem eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden bei gleichem Lohn. Der DB-Personalvorstand Martin Seiler bezeichnet die Forderung als nicht durchführbar und begründet dies damit, dass die Umsetzung zu kostspielig wäre. Außerdem würden bei einer kürzeren Wochenarbeitszeit mehr Beschäftigte benötigt, die derzeit schwer zu finden seien. GDL-Chef Weselsky ist jedoch der Auffassung, dass eine geringere Wochenarbeitszeit die Berufe bei der Bahn attraktiver machen würde.
Darüber hinaus möchte die GDL ihren Geltungsbereich bei der Bahn erweitern und Tarifverträge auch für Arbeitsbereiche abschließen, in denen bisher keine Tarifverträge existieren, insbesondere in Infrastrukturbetrieben. Seiler hält solche Verträge für überflüssig, da die GDL in diesen Bereichen nicht maßgeblich vertreten sei.
Urabstimmungsergebnis und Angebote der DB
Das Ergebnis der parallel laufenden Urabstimmung unter den GDL-Mitgliedern wird erst am 19. Dezember erwartet. Unbefristete Streiks sind eine Option, sofern 75 Prozent der Teilnehmer an der Abstimmung für solche Arbeitskämpfe votieren.
Die von der GDL ausgehandelten Tarifverträge gelten nach Angaben des Unternehmens lediglich für etwa 10.000 Beschäftigte bei der Bahn. Die GDL vertritt jedoch hauptsächlich Lokführer und Zugbegleiter, was ihr als kleinere Gewerkschaft die Möglichkeit gibt, den Bahnverkehr empfindlich zu stören und Züge zum Stillstand zu bringen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) verhandelte zuletzt für gut 180.000 DB-Beschäftigte.
Die GDL fordert neben der Arbeitszeitsenkung auch eine monatliche Gehaltserhöhung von 555 Euro sowie eine Prämie zur Inflationsausgleich. Die Deutsche Bahn hat bisher eine Gehaltserhöhung von elf Prozent bei einer Laufzeit von 32 Monaten sowie die geforderte Inflationsausgleichsprämie angeboten.